Weihnachtskrippe in der Kritik

Bericht aus dem Vatikan

Weihnachtskrippe in der Kritik

Die Weihnachtszeit ist vorüber, weltweit und auch im Vatikan prägt das Thema Corona weiterhin den Alltag.

Allerdings: Das grosse Christfest lässt zumindest Vatikan-Kritiker nicht los. Wegen der Weihnachtskrippe auf dem Petersplatz. Gar keine Touristen hatten in den vergangenen Wochen Zugang zum Platz vor dem Petersdom und auch nur wenige Römer – die Krippe 2020 sahen also nur einige «Glückliche» aus der Nähe. Dennoch sorgte die Darstellung für heftige Kritik wie nie zuvor.

Das Ganze zeigt wieder einmal zwei Aspekte: zum einen, wie Papst-Kritiker gerne jeden Vorwand nehmen, um dem Papst etwas vorzuwerfen. In dem Fall geht man sogar so weit, Franziskus künstlerische Geschmacklosigkeit vorzuwerfen. Zum anderen zeigt es, wie im Vatikan mit Kritik umgegangen wird – und zwar mit Stille.

Wie kommt überhaupt eine Kunstdarstellung auf den Petersplatz? Es ist das nicht die Aufgabe des Papstes. Darum kümmert sich das sogenannte Governatorat, sozusagen die weltliche Regierung des kleinsten Staates der Welt. Diese Einrichtung kauft für den Vatikanstaat die Güter ein, die der Mini-Staat braucht; kümmert sich um die Entsorgung des Abfalls, den die rund 500 Einwohner produzieren, und schaut, dass die Vatikanesen auch immer mit Wasser und Strom versorgt sind. Die Liste geht noch weiter. Die wohl angenehmste Tätigkeit dieser Institution ist es, jeweils in der Vorweihnachtszeit eine Krippe und einen Christbaum zu besorgen. Bewerber dafür melden sich in Scharen, sodass sie lange auf ihren Einsatz warten müssen.

Die aktuelle Weihnachtskrippe war in den 1970er-Jahren erstellt worden. Es war die Zeit, als die Apollo-Mission der Nasa die Träume vieler Jugendlichen prägte. Im Kino lief «Star Wars» und so erstellten Schüler der Keramik-Hochburg Castelli in den Abruzzen eine für die damalige Zeit tagesaktuelle Weihnachtskrippe: mit Astronauten und Raumschiff-Bewohnern. Innerhalb der letzten 50 Jahre haben sich die Geschmäcke natürlich radikal verändert. Heute wirkt ein römischer Ritter als Film-Charakter «Darth Vader» skurril.

Nach Darstellung des Kunstgymnasiums ist die Krippe eine Synthese aus Tradition, Moderne, Forschung und Experiment.  Sie wurde bereits zu Weihnachten 1970 in Rom ausgestellt. Danach wanderte sie nach Jerusalem, Bethlehem und Tel Aviv. Erst im Jahre des Herrn 2020, während Corona die Welt plagt, sorgt die Darstellung bei vielen für Entsetzen. Hätte der Vatikan – also die Pressestelle – nur mitgeteilt, dass es sich um ein Schülerprojekt handelt, so hätte man den Papst-Kritikern bestimmt den Wind aus den Segeln genommen. Wer wagt es schon, die mühevolle Arbeit von Kindern und Jugendlichen zu kritisieren?

Irgendwie passt das Ganze auch zur immerwährenden Tradition, den Papst von vornherein zu kritisieren: Unter Johannes Paul II. wurden die Krippen kritisiert, weil Maria oft auf «der falschen Seite» aufgestellt worden sei und der polnische Pontifex also keine Ahnung von westlicher Tradition habe; unter Benedikt XVI. waren die Darstellungen sogar Anstoss für Skandal-Enthüllungen, weil sie angeblich so teuer gewesen seien. Das wiederum habe gezeigt, dass der bayerische Oberhirte nur an Luxus denke. Und jetzt diese «skurrile» Krippe, die doch nur der «geschmacklose» Franziskus ausgewählt haben konnte. Viele sind froh, dass die Krippe wieder weg ist. Die Franziskus-Kritiker werden mit Sicherheit Ersatzthemen finden.

Text: Mario Galgano