Frühlingsgefühle

Glaubens-Perspektiven

Frühlingsgefühle

Wie bestimmt bei vielen anderen Familien standen vor Ostern in unserem Wohnzimmer frisch geschnittene Kirschbaum-Äste in einer grossen Vase. 

Fasziniert beobachteten unsere beiden Kinder die tägliche Veränderung dieser Äste. Was am Anfang aussah wie vertrocknet und tot, entwickelte sich mehr und mehr zu einer blühenden Pracht. Diese Verwandlung fanden unsere Kinder total beeindruckend, wie sie freudestrahlend kundtaten. Hier wird doch tatsächlich etwas davon sichtbar, wovon in den Erzählungen von Tod und Auferstehung an Ostern die Rede ist. Ja, gerade für Ostern scheint mir wichtig, dass wir alternative Zugänge zu den Erzählungen der Bibel ermöglichen. Diese Botschaft von Tod und Auferstehung ist – obwohl absolut fundamental und für unseren Glauben zentral – aus der biblischen Offenbarung heraus nur schwer fassbar. Sowohl für Kinder wie auch für Erwachsene, wie ich in Gesprächen immer wieder merke. Natürlich, die Auferstehung muss ein Glaubensgeheimnis bleiben können. Doch zumindest eine Ahnung von dem, was Auferstehung heissen könnte – und was sie mit uns und unserem Leben verbindet –, tut not.

In der sogenannten «natürlichen Theologie» geht die katholische Kirche davon aus, dass sich Gott auch in der 
Natur, in «den Werken Gottes» erkennen lässt. Diese Form der Gotteserkenntnis wurde als «Buch der Natur» schon in der Antike als ergänzend wahrgenommen zur Bibel, dem «Buch der Schrift». Gerade der Frühling ist eine Zeit, in der sichtbar wird: Das, was im Vordergrund ist, kann nicht alles gewesen sein. Diese Fülle von Farben, Formen, Gerüchen und (Tier-)Geräuschen verweist uns darauf, dass es dahinter noch viel mehr geben muss. 

Auf einer unserer letzten Velotouren haben wir als Familie bei einer Burgruine einen kleinen Zwischenhalt eingelegt und einen leckeren Zvieri genossen. In und um die Ruine herum waren mehrere Familien, die das Gleiche taten – mit dem gebotenen coronabedingten Abstand selbstverständlich. Und obwohl wir zuvor niemanden gekannt hatten, war eine Verbundenheit zu spüren. Diese Verbundenheit mit «den Anderen», die Verbundenheit auch mit dem Summen und Spriessen der frühlingshaften Natur, lässt uns doch eine Verbundenheit spüren, die noch viel weiter und tiefer geht. Mir ist es gerade als Religionspädagoge wichtig, mit unseren Kindern immer wieder zu thematisieren, dass für mich letztendlich Gott darin zu spüren ist – dass Gott dieses Netz von Verbindungen trägt oder darstellt. Dass unsere Liturgien und Sakramente herausgehobene Knotenpunkte sind, in denen diese Beziehung noch auf andere Weise sicht- und spürbar wird. Aber dass letztendlich bereits alles in unserem Leben und um uns herum angelegt und erfahrbar ist.

Darum freue ich mich schon auf die vielen kommenden Ausflüge in die Natur und das Gefühl der Verbundenheit, das auch unsere Familie «hält».

Text: Daniel Ritter