Patrick Lier

Was ich einmal war ...

Patrick Lier

Von Koch zum Pfarrer – und dazwischen Sterne-Hotels und eine Luxusjacht, Hilfseinsätze in Lourdes und in Kalkutta.

Patrick Lier kennt das Leben, vom Jetset bis zu den Ärmsten dieser Welt. Das hat ihn nachdenklich werden lassen und ihm doch nichts von seinem Charme und seiner positiven Art genommen.

Wir treffen ihn im Kochstudio eines Freundes in Wermatswil. Akribisch genau platziert Patrick Lier die letzten Pesto-Tropfen über sein Seafood-Trio. Jakobsmuschel, Languste und Seezunge – das tönt doch aber definitiv mehr nach Spitzengastronomie als nach Streetfood? «Klar», schmunzelt der Theologe. «Ich verhehle ja auch gar nicht, dass ich noch immer sehr gerne gehoben koche. Aber meine Werte haben sich grundsätzlich gewandelt.»

Schon als Teenager habe er gerne Kochsendungen angeschaut. «Paul Bocuse war unser Star.» Eine Kochlehre im altehrwürdigen Hotel Krone in Dietikon war naheliegend, das Berufsziel klar: Küchenchef in einem der führenden Hotels Asiens oder Nordamerikas. Zielstrebig erarbeitete sich Patrick Lier die nötigen Referenzen im Badrutt’s Palace in St.Moritz und im Viktoria Jungfrau in Interlaken. Und heuerte anschliessend auf einer Luxusjacht als Koch an. Er habe diese Jahre sehr genossen, sagt er rückblickend. Und doch: «Ich spürte zunehmend die Diskrepanz zwischen meinem Glauben an Jesus Christus und einer gewissen Dekadenz, in der ich mich als Koch bewegte. Eine Welt, die glänzt und doch nicht glücklich macht. So begann ich mich von der Spitzengastronomie zu distanzieren, in der wir Kunst betreiben mit Nahrungsmitteln, welche anderen Menschen fehlen.» Damit aber schied der Beruf Koch ganz aus: «Ich wollte unter den besten dieses Standes sein – oder gar nicht.»

Das Gebet wurde zentral, der Glaube tiefer. Ursprünglich reformiert konvertierte Patrick Lier zum Katholizismus. «Die multikulturelle Weltkirche schien mir lebendiger.» Er begleitete  Kranke in Lourdes und engagierte sich ein halbes Jahr in den Heimen der Mutter-Theresa-Schwestern in Indien, um seine Berufung zu klären. Die innere Gewissheit, seinen Weg zum Priester zu gehen, habe sich wie eine Erlösung angefühlt. 

Dankbar um die Lebensschule als Koch ist er trotzdem – und dafür, viel von der Welt gesehen zu haben: «Man lernt übers Christentum am meisten, indem man sich in den verschiedenen Ortskirchen engagiert und so den Reichtum der Vielfalt erlebt.»

Es ist Mittag geworden. Patrick Lier richtet sein Fischgericht sorgfältig an. «Die Produkte, die wir essen, sind Teil  der Schöpfung. Da ist es nur folgerichtig, dass wir ihnen auch Ehre zu Teil werden lassen.»

Text: Pia Stadler