Die Schweiz und ihre Vertretung

Bericht aus dem Vatikan

Die Schweiz und ihre Vertretung

Eine Residenz in Rom für ihren Vatikan-Botschafter – soll die Eidgenossenschaft das gewähren oder nicht? 

Mit dieser Frage beschäftigt sich nicht nur der direkt Betroffene, der Schweizer Diplomat Denis Knobel, und nicht nur das EDA, das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten in Bern. Nein, auch die Schweizer Parteien bis hin zum Bundesrat scheinen sich darüber einig zu sein, dass die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl «verbessert» werden sollten. Dazu könnte es nützlich sein, wenn der Botschafter direkt in Rom residiert und nicht – wie bisher – von Slowenien aus die Beziehungen zum Vatikan pflegt. 

Etwa 140 eidgenössische Bürgerinnen und Bürger leben im Vatikan. Es sind Schweizergardisten und ihre Familien. Damit sind sie eine der grössten «Ausländerkolonien» im 42 Hektar grossen Kleinstaat. Während sie mehr Menschen ausmachen als beispielsweise Nigerianer oder Taiwanesen, residieren die Botschafter dieser beiden Länder in der Nähe des Vatikans. Auch die Europäische Union, die im Gegensatz zur Schweiz kein Staat ist, hat eine diplomatische Delegation für den Heiligen Stuhl in Rom. Die EU-Botschaft beim Heiligen Stuhl feiert dieses Jahr 50 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Brüssel und Papst-Staat. Mit dem Auftrag der vatikanischen Kommunikationsabteilung, über die Feierlichkeiten zu berichten, habe ich die EU-Botschaft ein bisschen besser kennen gelernt. 

Die Botschafterin, Alexandra Valkenburg, sowie die «Nummer zwei», die Ministerrätin Silvia Kofler, führen eine Delegation, die fast ausschliesslich aus Frauen besteht. Die Botschafterin ist eine Holländerin, die Ministerrätin eine Südtirolerin, die Pressesprecherin eine Polin. Der Altersdurchschnitt liegt bei 45 Jahren. Praktisch das Gegenteil von dem, was man sonst im Vatikan erlebt. Vielleicht sollte sich da die Eidgenossenschaft ein Vorbild nehmen. Ja genau, von der EU! Nicht nur eine Residenz in der Nähe des Vatikans, sondern gleich noch mit einer Gruppe dynamischer Schweizer Diplomatinnen, die sich mit dem «Männer-Club» im Vatikan auseinandersetzt. 

Wie mir die Botschafterin, Ihre Exzellenz Frau Valkenburg, sagte, teile die EU mit dem Heiligen Stuhl viele Werte und arbeite sehr gut zusammen. Dazu zählen Bereiche wie die Friedenssicherung, Menschenrechte und Flüchtlingspolitik. Das nannte man früher «die guten Dienste», die die Diplomatie eines Landes für die Weltöffentlichkeit leisten konnte. Da war die Schweiz jahrelang Weltmeister. Vielleicht würde es sich auch deshalb lohnen, eine Schweizer Botschaftsresidenz in Rom zu haben. Und es wäre auch noch nützlich, um die eigenen «Ausländer» – die Schweizergardisten – zu unterstützen. 

Text: Mario Galgano