Segen für queere Paare

Im Züripiet dihei

Segen für queere Paare

«Liebe gewinnt»: Unter diesem Motto protestieren Seelsorgerinnen und Seelsorger gegen das Verbot des Vatikans, queere Paare zu segnen. Als Einziger in der Schweiz hat Seelsorger Meinrad Furrer Paare öffentlich gesegnet.

Am 10. Mai stand Meinrad Furrer von 16 bis 20 Uhr auf dem Platzspitz in Zürich, um Paare zu segnen. Das Datum war bewusst gewählt: es ist der Gedenktag der biblischen Figur Noah. Seine  Arche steht für die Vielfalt der Schöpfung – und den Regenbogen. Im Laufe des Abends kamen sechs lesbische, drei schwule und ein bisexuelles Paar, um sich segnen zu lassen. Laut Meinrad Furrer hat in der katholischen Kirche ein Paradigmenwechsel stattgefunden – sogar bei manchen Bischöfen: «Viele Menschen, auch in der Kirche, empfinden die Vielfalt an Lebensentwürfen und Liebesgeschichten als bereichernd.» 


Im Vorfeld der Aktion hatten sich 15 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus der Schweiz mit Meinrad Furrer solidarisiert: «Wir stehen als Seelsorgerinnen und Seelsorger dazu, gleichgeschlechtlich liebende Paare im Namen Gottes und der Kirche zu segnen. Wir solidarisieren uns mit unserem Kollegen Meinrad Furrer, der das öffentlich tut», heisst es in einer Mitteilung. Auch die Zürcher Synodalratspräsidentin Franziska Driessen-Reding unterstützte Meinrad Furrer. 

Aus Deutschland stammt die Idee, mit «Liebe gewinnt» auf das «Nein» zum Segen für gleichgeschlechtliche Paare der römischen Glaubenskongregation zu reagieren. Diese hatte im März bekanntgegeben, dass die katholische Kirche keine Vollmacht habe, Verbindungen von queeren Menschen zu segnen. 


Bischof Joseph Bonnemain sagte in der SRF-Sendung «10 vor 10» zur Segnungsaktion von Meinrad Furrer: «Die Anweisungen des Vatikans waren eine Provokation. Und das ist wieder eine Provokation. Ich glaube nicht, dass man etwas gewinnt, wenn man auf eine Provokation mit einer Provokation antwortet. Man muss einen echten Dialog wagen. Nur im echten Dialog von beiden Seiten kann man vorwärtskommen.» Der Bischof hat Meinrad Furrer zu einem solchen Dialog eingeladen, und dieser will das Gesprächsangebot annehmen.


Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hofft auf eine Segensmöglichkeit für schwule und lesbische Paare. «Wenn Paare in Treue und Verlässlichkeit und in einer christlichen Haltung ihre Partnerschaft leben, dann möchte ich auch eine Möglichkeit finden, sie zu segnen», sagte Bätzing am 15. Mai beim Ökumenischen Kirchentag in Frankfurt. Er hofft, dass sich die katholische Kirche beim Reformdialog Synodaler Weg auf eine Form der Segnung von gleichgeschlechtlichen Paaren verständigen kann. Dabei gehe es um eine «Symbolhandlung», nicht um «grosse Segnungsgottesdienste». Zugleich wiederholte der Limburger Bischof seine Kritik an den aktuell stattfindenden Segnungsgottesdiensten für Homosexuelle. «Ich halte diese Initiative nicht für hilfreich, gerade weil sie auch als provokativ wahrgenommen wurde.» Laut Bätzing sind die Vatikan-Vorgaben sehr überraschend gekommen. Er selbst habe 15 Minuten vor der Veröffentlichung davon erfahren. Er habe an den Vatikan zurückgemeldet – über den Papst-Botschafter in Deutschland und persönlich an den Leiter der Glaubenskongregation –, dass es aus seiner Sicht dringend eine Änderung der kirchlichen Lehre in der Haltung gegenüber Homosexuellen brauche.


Zwar sei Papst Franziskus über das umstrittene Papier zum Segnungsverbot informiert worden – er habe es aber nicht approbiert. Auf dieses Detail machte der Münchner Kirchenrechtler Wolfgang Rothe am 7. Mai in einem Gastkommentar auf kath.ch aufmerksam. 

Leserbrief

Die mediale Aufmerksamkeit, die die Segnung von homosexuellen Paaren im Pavillon am Platzspitz erregte, erinnert drastisch an den Fall des Pfarrers W. Bucheli in Bürglen. Dieser hatte im Oktober 2014 ein lesbisches Paar für den gemeinsamen Lebensweg gesegnet, weil er ganz offensichtlich die Meinung von Papst Franziskus teilte, dass jede und jeder in der Kirche einen Platz haben müsse und demzufolge auch den Segen der Kirche beanspruchen dürfe. Dafür wurde er vom damaligen Bischof Huonder scharf zurechtgewiesen und dazu aufgefordert, das Bistum Chur zu verlassen. Fast sieben Jahre später geht jetzt der Zürcher Theologe Meinrad Furrer mit der Segnung von homosexuellen Paaren das gleiche Wagnis ein und muss zu seinem Leidwesen zur Kenntnis nehmen, dass sich in der Zwischenzeit in der offiziellen katholischen Kirche bezüglich des Umgangs mit der Homosexualität eigentlich nichts verändert hat, obwohl Nächstenliebe und Toleranz auch gegenüber lesbischen oder schwulen Paaren eigentlich unabdingbar zu den Grundlagen des Christentums gehören.

Edwin Wirz  Hinwil

Text: Beatrix Ledergerber / kath.ch