«Ein tolles Gemeinschaftswerk»

Im Züripiet dihei

«Ein tolles Gemeinschaftswerk»

Im Corona-Jahr musste der pfarreiliche Religionsunterricht oft ausfallen. In Herrliberg und Männedorf-Uetikon entstanden aus der Not kreative Projekte und bleibende Erinnerungen.

Auf der Altartreppe vor dem grossen, dreieckigen Kirchenfenster von St. Martin Herrliberg sitzen acht quirlige Kinder, die gerade noch auf dem Kirchenplatz herumgetobt sind. Nun erzählen sie von ihrem «Meisterwerk»: Sie haben ein Evangeliar gestaltet, aus dem nun jeden Sonntag im Gottesdienst aus der Bibel vorgelesen wird. «Da die liturgischen Bücher aktuell erneuert werden, konnten wir aus einem alten Lektionar Seiten herausreissen und jedem Kind eine nach Hause schicken», erklärt Gemeindeleiterin Petra Leist. «So haben die Kinder mitbekommen, wie ein liturgisches Buch aussieht und dass es fortlaufend gelesen wird.» Zu ihrem Text haben knapp 70 Kinder eine Zeichnung gestaltet. Daraus wurde ein Buch für die Kirche gebunden, wo es jetzt gut sichtbar aufliegt. 

Die Kinder sind sichtlich stolz: «Es hat Zeichnungen von vielen Kindern drin, und die können wir mit Freunden immer wieder ansehen», sagt der 9-jährige Tino. Und Laura Maria (10): «Für die meisten war es nicht so cool, ganz allein zu malen, aber nun ist es ein tolles Gemeinschaftswerk. Wenn wir das Buch in 10 Jahren ansehen, erinnern wir uns, wie wir uns während Corona fühlten!» 

Tinos (9) Wünsche an den Bischof.

Laura Maria (10) freut sich über das Gemeinschaftswerk.

Nun sprudeln die Erinnerungen an den Lockdown: «Ich musste immer meine Mutter fragen, da niemand da war zum Erklären. Aber dafür konnte ich sofort nach dem Lösen der Aufgabe spielen und hatte keinen Heimweg, das war cool», sagt Theophil. Laura findet es auch besser, wenn die Katechetin, Frau Stuber, die Aufgaben erklärt: «Sie geht dann auch nicht weg und erklärt es nötigenfalls zweimal, wenn ich nicht aufgepasst habe!» Luciana (8): «In der Zeit daheim habe ich mich nicht so gut gefühlt. Ich war so eingeschlossen ... da habe ich gerne das Bild gemalt, wo Johannes Jesus tauft.»

Das entstandene Werk ist nicht nur in der Kirche zu bewundern. Die Kinder – und auch Pfarreimitglieder, die das wünschten – bekamen ein kleines Evangeliar mit allen Texten und Bildern für sich persönlich. Das Cover dazu hat jedes Kind selber gestaltet mit einem Rahmen zu einem Bild des Kirchenfensters. Das war die zweite Lockdown-Aufgabe: «So hatten die Kinder Grund, die Kirche zu besuchen, die Fenster anzuschauen und sich damit in Bezug zu setzen mit ihrer Kunst», sagt Katechetin Fiorina Stuber dazu. Schliesslich haben die Kinder noch für ihr eigenes Evangeliar ein Vorwort verfasst unter dem Titel «Was ich von Jesus weiss», als dritte Hausaufgabe. «Jesus war ein netter Mann, der immer geheilt und geholfen hat», steht da. «Er ist eigentlich ein Jedi. Bruder und Schwester hat er uns genannt, weil wir alle von Gott kommen und alles wie er machen können.» Oder: «Jesus trägt Flipflops.» Es gibt kurze, aber auch ganz lange Texte über das, was die Kinder über Jesus wissen und die Gedanken, die sie sich dazu gemacht haben. 

Dann fand der pfarreiliche Präsenzunterricht wieder statt, bis er im Verlauf der zweiten Corona-Welle nochmals kurzfristig unterbrochen wurde. Nun bekamen die Kinder zu einem neuen  Evangeliumstext des kommenden Lesejahres die Aufgabe, eine Majuskel, eine Kalligrafie, ein Handlettering eines Wortes oder Verses herzustellen. Sie wurden auf Karten gedruckt, welche die Kinder verschicken können. Benjamin (10): «Ich habe jeden Buchstaben mit einer Schablone gezeichnet und mit einem Glitzerstift verziert.» 

Die Karten der Herrliberger Kinder.

Erster Empfänger der Karten ist der neue Bischof, der das ganze Jahr hindurch jede Woche die Karte eines Kindes mit einem Gebet für ihn bekommen wird: «Lieber Gott, mach, dass der Bischof geduldig mit seinen Aufgaben umgehen kann und ein Herz für arme Menschen hat!», steht da. Oder: «Mach, dass Bischof Bonnemain ein Ohr für jeden hat, fair ist und lieb soll er auch sein. Und ein Herz für Tiere wäre auch noch super.» 


Die Pfarrei St. Stephan Männedorf-Uetikon hat einen Kreativ-Wettbewerb lanciert zum Thema «Meine liebste Bibelgeschichte». Die Werke sind im Franziskus-Zentrum Uetikon ausgestellt. Flurin und Manrico haben eine Weihnachtskrippe gebastelt: «Wir sind rausgegangen und haben Sachen gepflückt, die wir mit Heissleim anklebten», erklärt Flurin, «so entstand die Landschaft.» Und Manrico: «Die kleinen Figuren aus Fimo waren heikel, sie bekamen beim Brennen eine andere Form. Aber wir sind ganz zufrieden.» Kein Wunder, denn die zwei holten den ersten Platz der Kategorie «Mittelstufe». Den zweiten Platz erreichte Nicolas, der eine szenische Darstellung des Brotwunders von Jesus aus Draht und Salzteig, mit Legofiguren, gebastelt hat. 

Die Männedorfer Kinder mit ihren preisgekrönten Werken.

Die elfjährige Jana hat in der Kategorie «Ministranten» mit ihrer Collage den ersten Platz abgeräumt. «Die Aufgabe war, Fotos vom Lieblingsplatz, der Lieblingsspeise und wie man jemandem in der Familie die Füsse wäscht und beim Kochen hilft zu kombinieren», erklärt sie. Der kleine Manuel, mit dem ersten Preis Unterstufe, hat eine grosse Arche Noah mit vielen überraschenden Details gebaut: «Ich hatte viele Schachteln, daraus habe ich das Schiff gemacht, dann hab ich Tiere und Fotos gesammelt, in die Fenster geklebt und auf das Schiff gesetzt.» Yara hat ein Foto eingereicht, das einen wunderschönen Schwalbenschwanz auf einer Hand zeigt. Dahinter steckt eine ganze Geschichte: «Ich habe vor einem Jahr Schmetterlingseier im Garten gefunden und sie in einem geschützten Raum aufgezogen. Auf diesem Bild habe ich den ersten geschlüpften Schmetterling festgehalten, bevor ich ihn in die Freiheit entliess.»

Text: Beatrix Ledergerber