Freiheit aus der Zweisamkeit

Leben in Beziehung

Freiheit aus der Zweisamkeit

Gibt es noch andere Paare, die das Ende der Corona-Einschränkungen (auch) wegen zu viel Zweisamkeit herbeisehnen? 

Wir vermissen es inzwischen beide, mal wieder einige Tage allein zu sein. Seit bald 1,5 Jahren finden Kurse und Weiterbildungen praktisch gänzlich online – und damit in den eigenen vier Wänden – statt, individuelle Reisen zu Familien und Freunden, Weekends mit Pfarreigruppen oder Ähnliches sind ebenfalls gestrichen. Hilfe! Freizeit ist jetzt immer Paarzeit. Das waren wir 
lange nicht gewohnt. 

Wie gut, dass auch wir nun bald «durchgeimpft» sind und jede/r endlich einmal wieder – auch über mehrere Tage und Nächte – eigene Wege gehen kann. Der zurückbleibende Teil des Haushalts hat die Wohnung dann für sich allein. Oh, welch Reiz diese Perspektive ausstrahlt! Ohne jegliche Rücksichtnahme die eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen, sich nicht erklären, einfach das eigene Ding machen. 

Ein Lobgesang auf die zurückkehrende Freiheit! Und die Corona-Erkenntnis, wie wertvoll solche Auszeiten aus der Partnerschaft für ebendiese sind bzw. bisher waren.

 Allerdings – Stopp! Beim Weiterdenken tun sich gewisse Ambivalenzen auf: Ein Abend auf dem Sofa vertieft in die Zeitung ... und das gewünschte Getränk ist weit weg. Seit mehr als einem Jahr war da nun stets der aufmerksame Partner, der aufgestanden ist und es gereicht hat. 

Der nahende Geburtstag des Freundes in der fernen Heimat … und die erbarmungslos leere Postkarte auf dem Pult. Seit mehr als einem Jahr war da nun stets die schreibfreudige Partnerin, die in grosser Selbstverständlichkeit sämtliche Korrespondenz in die Hände genommen hat. 

Daran und an viele andere kleine und grössere gegenseitige Hilfen, die praktisch immer verfügbar waren, haben wir uns gewöhnt. Also eine weitere Corona-Erkenntnis: Wie schön ist es, wenn da jemand ist, der mich ergänzt und mein Leben reicher macht, weil er oder sie mir ermöglicht, wozu ich selbst mich nicht durchringen kann. 

Nun gilt es also, öfter wieder selbst den inneren Schweinehund zu überwinden. Aber die neue Freiheit wird dazu sicher genügend Energie freisetzen!

Text: Hella und Gregor Sodies