Mauern einreissen

Schwerpunkt

Mauern einreissen

Aus der Botschaft von Papst Franziskus zum 107. Welttag des Migranten und Flüchtlings 2021.

«In der Enzyklika «Fratelli tutti» hatte ich eine Sorge und einen Wunsch geäussert, die weiterhin einen wichtigen Platz in meinem Herzen einnehmen: «Ist die Gesundheitskrise einmal überstanden, wäre es die schlimmste Reaktion, noch mehr in einen fieberhaften Konsumismus und in neue Formen der egoistischen Selbsterhaltung zu verfallen. Gott gebe es, dass es am Ende nicht mehr ‚die Anderen‘, sondern nur ein ‚Wir‘ gibt». So kam mir der Gedanke, die Botschaft zum 107. Welttag des Migranten und Flüchtlings unter das Motto «Auf dem Weg zu einem immer grösseren Wir» zu stellen, um auf diese Weise eine klare Perspektive für unseren gemeinsamen Weg in dieser Welt aufzuzeigen.

Eine immer inklusivere Welt
An alle Frauen und Männer in der Welt appelliere ich, sich gemeinsam auf den Weg zu einem immer grösseren «Wir» zu begeben und die Menschheitsfamilie wieder neu zusammenzubringen, um gemeinsam eine Zukunft in Gerechtigkeit und Frieden aufzubauen und dafür zu sorgen, dass niemand 
aussen vor bleibt.

Aber um dieses Ideal zu erreichen, müssen wir alle im Bewusstsein einer tiefen gegenseitigen Verbundenheit danach streben, die Mauern einzureissen, die uns trennen, und Brücken zu bauen, die eine Kultur der Begegnung fördern. In dieser Hinsicht geben uns die gegenwärtigen Migrationsbewegungen die Möglichkeit, unsere Ängste zu überwinden und uns von den vielen unterschiedlichen Gaben bereichern zu lassen. Dann können wir, wenn wir es denn wollen, die Grenzen in besondere Orte der Begegnung verwandeln, wo sich das Wunder eines immer umfassenderen «Wir» ereignen kann.

Es geht dabei um eine persönliche und kollektive Anstrengung zugunsten aller weiterhin notleidenden Schwestern und Brüder und um den Versuch, eine nachhaltigere, ausgewogenere und inklusivere Entwicklung zu erreichen. Dieses Engagement macht keinen Unterschied zwischen Einheimischen und Fremden, zwischen Einwohnern und Gästen, denn es geht um einen gemeinsamen Schatz, um den sich ausnahmslos alle kümmern und von dem ausnahmslos alle profitieren sollen.»
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Text: Papst Franziskus