Was hast du heute geträumt?

Glaubens-Perspektiven

Was hast du heute geträumt?

Manchmal geniesse ich es, am Morgen noch ein wenig im Bett zu liegen und nach dem Aufwachen einen Traum weiterzuträumen, der mich in der Nacht berührt hat. 

Im Halbzustand zwischen Schlafen und Wachen fällt es mir zuweilen leicht, bewusst am Traumgeschehen anzuknüpfen und dieses «fortzusetzen». Leider sind meine Träume nicht immer angenehm. Kürzlich hatte ich – wieder einmal – einen Albtraum: Meine Tochter fiel in meinem Traum beim Klettern vom Balkon und blieb regungslos am Boden liegen. In diesem Moment wachte ich auf …

Es ist ein unangenehmes Gefühl, genau zu wissen, dass es nur ein Traum ist – und doch Ausdruck einer realen und gegenwärtigen Angst. Aber es sind bei mir häufig gerade die eher unangenehmen oder bedrückenden Träume, die mir etwas vor Augen halten, das mich – bewusst oder unbewusst – beschäftigt. Und auch bei anderen, angenehmen Träumen, stelle ich mir gerne die Frage, was sie mit mir und meinem Alltag zu tun haben. Aus der Schlafforschung weiss man längst, dass im Schlaf wichtige Prozesse ablaufen. Das betrifft nicht nur den Geist, auch das Immunsystem wird aktiviert und Abwehrzellen werden gebildet. Während des Schlafens wird vor allem der Tag verarbeitet, werden Situationen und Ereignisse abgearbeitet, Gelerntes im Gedächtnis verankert. Dabei wird sozusagen der geistige Kurzzeit-Speicher geleert, damit der nächste Tag wieder frisch aufgenommen werden kann. Dass sich der Schlaf im Leben stark verändern kann, wissen insbesondere Eltern sehr gut. Schlief ich in der Zeit vor unseren Kindern meistens tief und fest, weckt mich heutzutage noch oft ein Geräusch der Kinder aus dem Schlaf, auch wenn sie längst keine Babys mehr sind.

Besonders spannend finde ich es, wenn wir in der Familie über unsere Träume sprechen. Auf meine Nachfrage erzählt mir mein fünfjähriger Sohn zurzeit immer wieder, dass er von seinen Spielfiguren, zum Beispiel aus Hörspielen, träumt. Zumindest scheinen diese Träume – soweit er sich tatsächlich erinnert – nichts Bedrückendes zu haben. Unsere zehnjährige Tochter kann sich meist gar nicht an ihre Träume erinnern. Schon vielfach meinte sie beim Morgenessen, dass sie schon wieder nichts geträumt habe. Die Träume der Kinder entwickeln sich mit ihren Lebensthemen. Kleinere Kinder träumen oft von Tieren, die stellvertretend für Personen und Themen stehen, die sie beschäftigen. In der Primarschule werden Träume dann realistischer und vielfältiger – manchmal bedrängender, manchmal bizarr und später auch erotisch. Für uns Eltern gilt das natürlich auch, dass sich die Traum-Themen mit den Lebensumständen immer wieder verändern. 

Doch ein Thema wird mich – wie sicher viele Eltern – wohl auch in den Träumen noch länger begleiten: die Angst, dass einem meiner Kinder etwas zustösst. Gottlob weiss ich, dass ein solcher Traum «nur» eine Projektion meiner Ängste und nicht ein Blick in die Zukunft ist.

Text: Daniel Ritter