Geniessen. Vielleicht sogar: glücklich sein.

Glaubens-Perspektiven

Geniessen. Vielleicht sogar: glücklich sein.

Charles Schulz ist der Vater der erfolgreichen Cartoons mit Charlie Brown und Snoopy. In einem Cartoon stellt Charlie Brown seinem Freund Linus die Frage: «Denkst du oft an die Zukunft?»

Linus antwortet: «Ja, immerzu.» «Und was möchtest du werden, wenn du gross bist?», fragt Charlie Brown weiter, und Linus antwortet: «Unwahrscheinlich glücklich.» 

Ich spüre die etwas grössere Freiheit des Sommers, der Ferientage – sie lassen mich über «Glück» nachdenken. Aus dem Mittelhochdeutschen meint «Glück» die Art, wie etwas endet. «Glück» beschreibt, dass etwas «glückt» und einen guten Ausgang nimmt. Man kann zwischen Lebensglück und Zufallsglück unterscheiden, also dem Glück, das wir als Menschen mitgestalten, und dem Glück, das uns zufällt, ohne eigenes Zutun. Wenn Menschen den Ausgang eines Ereignisses teilweise beeinflussen können, dann können Menschen auch «Glück» gestalten. Und gestalten will gelernt sein. 

Angeregt durch die Erfahrungen mit dem «Schulfach Glück» an der Willy-Hellpach-Schule in Heidelberg startete das Bundesland Steiermark, im Süden Österreichs gelegen, ab Herbst 2009 den Schwerpunkt «Glück macht Schule» mit sechs Pilotschulen aller Schulformen. Vor allem Lebenskompetenzen sollen da gelernt werden. 1994 hat die Weltgesundheitsorganisation WHO diese Kompetenzen beschrieben als «... diejenigen Fähigkeiten ..., die einen angemessenen Umgang sowohl mit unseren Mitmenschen als auch mit Problemen und Stresssituationen im alltäglichen Leben ermöglichen.» Lebenskompetenz wird durch praktisches Üben entdeckt und erprobt. Es werden also die Fähigkeiten und Fertigkeiten entwickelt und geübt, die die Kompetenz ausmachen und so zum Erleben von Glück führen können. Dies gilt, egal, wie alt wir sind.

Dänen und Finnen gelten als Meisterinnen und Meister im Glücklichsein. Dabei geht es um «Unspektakuläres»: Gemütlichkeit, Zusammenhalt, Entschleunigung. Sowie: aus einfachen Dingen Freude schöpfen, in die Natur gehen, ein gutes Miteinander pflegen, wertschätzend sein, Sinnvolles tun, Humor und Heiterkeit leben, die Zuversicht stärken, und – interessanterweise: kinderfreundlich sein. 

Über Glück nachzudenken, kann anregend sein, das Philosophieren darüber gab es schon im antiken Griechenland. Was macht mich glücklich? Verwende ich dieses grosse Wort «Glück» für mich selbst oder wünsche ich nur anderen «viel Glück»? Was brauche ich, um «glücklich» zu sein? Bin ich eher bescheiden? Oder erwarte ich das Glück vom Leben? Bin ich dankbar, weil ich glücklich bin? Oder bin ich glücklich, weil ich dankbar bin? 

Und – leider: Permanent glücklich sein ist nicht möglich. Wenn man Glück direkt ansteuern oder optimieren will, macht man es kaputt; Glück ist eine «Nebenwirkung» des Lebens, so möchte ich sagen. Glück geht vorbei, um – hoffentlich – neuem Glück Platz zu schaffen. Vielleicht ist es gut, sich immer wieder einmal daran zu erinnern, gerade jetzt im Sommer, wenn die Tage lang und die Nächte mild sind.

Text: Helga Kohler-Spiegel