Matthias Renggli

Was ich einmal war ...

Matthias Renggli

«Ich habe eine grosse Leidenschaft für Gott, aber eine noch grössere für die Menschen. Darum bin ich heute so gerne Seelsorger», erklärt der gelernte Speditionskaufmann Matthias Renggli, heute Pfarradministrator in der Pfarrei Glattfelden – Eglisau – Rafz. 

Hinter ihm stapeln sich Kisten aus aller Welt. Frachtdokumente liegen bereit. Wir befinden uns im Embraport, einem Zollfreilager in Embrach. Vor etwa 20 Jahren begann Matthias Renggli hier seine Lehre als Speditionskaufmann. «Spediteure sind aufgestellte Leute, jeder Tag hält Überraschungen bereit, die Tätigkeit ist spannend und bringt internationale Kontakte», erklärt er seine Berufswahl. Ob Luftfracht, Seefracht oder Transport der Strasse: Matthias Renggli weiss, was zu tun ist. «Hier habe ich vernetztes, strategisches Denken gelernt, exaktes Arbeiten und Fremdsprachen. Mein Horizont hat sich erweitert, ich weiss, was arbeiten in der Wirtschaft bedeutet.» Dies alles kommt ihm in der Pfarrei zugute. «Ich kann ein Ehedokument exakt ausfüllen, mit den Pfarreimitgliedern in verschiedenen Sprachen kommunizieren, meine Predigten sind geerdet», sagt er und fügt schmunzelnd an: «Ich habe ein Ohr beim lieben Gott, aber beide Beine auf dem Boden.»

Der Berufswechsel kündigte sich langsam an. Nach einer glücklichen Lehrzeit sah er sich bei seinem nächsten Arbeitgeber mit Waffengeschäften konfrontiert. Das hat ihn damals in eine Krise geführt. 

Der gebürtige Bonnstetter nahm sich eine Auszeit und holte die Berufsmatura nach. Im Kloster auf Zeit begann er, sich mit der Möglichkeit eines Theologiestudiums auseinanderzusetzen. Ein Berufsklärungsjahr in Chur brachte Gewissheit: «Es war wie ein Heimkommen.» 

Fünf Jahre später nahm er seine neue Berufstätigkeit in Zürich Seebach auf und studierte berufsbegleitend Spiritualität in Augsburg. «Menschen in ihrem geistlichen Wachstum zu begleiten, liegt mir sehr. Das kommt in meiner derzeitigen Pfarrtätigkeit leider aber ein bisschen zu kurz. Der Administrationsaufwand ist heute enorm.»

Und doch ist er als Priester erfüllt. «Gott zu den Menschen zu bringen, setzt in mir ungeahnte Energien frei.»

Und wie geht er mit dem Verzicht auf Beziehung und Familie um? «Zölibatär zu leben, heisst nicht, beziehungslos zu leben. Die Radikalität des Priesterseins ist mehr Gewinn als Verzicht. Ich bin total verfügbar für meine Mitmenschen und bekomme durch sie eine grössere Familie geschenkt.» Es klingt überzeugend. Matthias Renggli hat seinen Weg gefunden: «Ich bin zum Spediteur des Himmels geworden.»

Text: Matthias Renggli