Tollkirsche

Kräuter im Kloster

Tollkirsche

Faszinierend und unheimlich zugleich ist die Begegnung mit Atropa bella-donna. Verführerisch schön ist sie und todgefährlich. 

Das Gefährlichkeit der Tollkirsche kennt – hoffentlich – jedes Kind. Nicht nur die glänzend schwarzen, kirschgrossen Beeren sind höchst attraktiv, sondern auch die braunvioletten, glockigen Blüten. Es fällt nicht schwer, sich einer verwandelten Zauberin gegenüber zu wähnen. Apropos, die Unerbittliche, Grausame war in der Antike eine der drei Schicksalsgöttinnen. Während ihre beiden Schwestern den Lebensfaden jedes Menschen spannen und abmassen, schnitt sie ihn durch.

Alle Pflanzenteile sind hochgiftig. In homöopathischer Zubereitung kann Bella-donna allerdings bei plötzlich auftretenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie hohem Fieber, starken Kopfschmerzen oder verschiedenen Entzündungen eingesetzt werden. Atropin spielt zudem in der Augenmedizin eine wichtige Rolle. Es bewirkt, dass die Pupillen offen bleiben. Aus genau diesem Grund träufelten sich Frauen in der Renaissance Tollkirschensaft in die Augen. Allerdings wurden diese dadurch nicht nur gross, dunkel und begehrenswert – und die Frauen belle donne –, sie büssten auch ihre Sehschärfe ein. Im Mittelalter war die Tollkirsche Bestandteil von Hexenmixturen. Auf die Haut aufgetragen machte sie toll und führte unter anderem zur Wahnvorstellung, fliegen zu können. Die kräftige Staude wächst an Waldrändern und auf Lichtungen. Häufig kriegt man sie jedoch nicht zu Gesicht. Auch das macht eine Begegnung mit ihr besonders und geheimnisvoll.

Text: Alexandra Dosch, Dipl. Feldbotanikerin und Theologin