Bewegt vom Tod eines Freundes

Bericht aus dem Vatikan

Bewegt vom Tod eines Freundes

Der Tod ist im Vatikan allgegenwärtig. Das wurde Mario Galgano erneut bewusst, als er vom Tod seines ehemaligen Chefs bei Vaticannews, dem Jesuiten Bernd Hagenkord, erfuhr.

Wenn es ein Thema gibt, das im Vatikan allgegenwärtig ist, dann ist es der Tod. Wer auf dem Petersplatz steht und den imposanten Petersdom anschaut, sieht im Grunde ein grosses Friedhofsdenkmal. Denn unter dem Riesenbau soll sich das Grab des Apostels Petrus befinden und knapp darüber sind mehrere Päpste begraben sowie drei Frauen. 

Auch beim Gedanken an die Schweizergarde ist der Tod nicht so weit: Immerhin schwören die Gardisten, ihr Leben – wenn nötig sogar bis in den Tod – für den Papst zu opfern. Ihr Gedenktag, der 6. Mai, erinnert an das Massaker, das ihre Vorgänger 1527 beim sogenannten «Sacco di Roma» erlebten. 

Selbst in unserem Rundfunkhaus begleitet uns der Tod, und zwar in den Gängen. An den Wänden werden nämlich auf Anschlagbrettern aktuelle Mitteilungen bekannt gegeben. Ganz analog im alten Stil stehen auf weissen 
A5-Karten mit Papstwappen jeweils offizielle Mitteilungen. Es ist mir schon lange aufgefallen, dass selten Geburten und fast täglich Todesnachrichten bekanntgegeben werden. Da stehen die Namen von Eltern und Familienangehörigen von Vatikanmitarbeiterinnen und -mitarbeitern, die gestorben sind. Dennoch war bei uns der Tod selten explizit ein Thema, ausser wenn es um die Frage ging, wie wir als Vatikan-Redaktoren im Falle eines Papsttodes darüber berichten sollten. Päpste sind normalerweise ältere Herren, mit ihrem Tod muss also eher gerechnet werden. Auch werden Begräbnisse von Päpsten mit grossem Aufwand vorbereitet.

Als die meisten von uns Ende Juli schon in den Ferien waren und ich fast alleine im Radiohaus gegenüber der Engelsburg das Tagesgeschäft der deutschsprachigen Redaktion übernommen hatte, erfuhr ich durch unseren «alten Mitteilungskanal», dass mein früherer Chef gestorben war: Bernd Hagenkord war ein deutscher Jesuit, der die Schweiz und die Eidgenossen mochte. Leider wurde er nur 52 Jahre alt. Zehn Jahre lang leitete er die deutschsprachige Sektion von Radio Vatikan. In den letzten Jahren seines Rom-Aufenthalts von 2009 bis 2019 war er in die Zentralredaktion aufgestiegen, um im Auftrag des Papstes die Medienreform im Vatikan mitzugestalten. Pater Bernd hat sowohl die Redaktoren der Vatikan-Medien als auch jene anderer Medien immer hilfsbereit und wohlwollend behandelt. Es ging ihm um die Vermittlung der Wahrheit im theologischen Sinn und um Vermittlung der Fakten im journalistischen Sinn – das ist sein Erbe an uns katholische Journalisten weltweit. 

Trotz der allgegenwärtigen Präsenz des Todes um uns herum hat uns der Tod unseres Freundes Bernd Hagenkord so aufgewühlt, dass wir all die Symbole, Hinweise und Gräber anders wahrnehmen. Eine Kollegin, die extra für die Gedenkfeier in unserer Radio-Kapelle aus ihrem Urlaub zurückkehrte, brachte es auf den Punkt und zitierte ein Lied: «Dein ist die Zeit, die Stunden, die Tage, durch Jahrmyriaden, durch Lob und durch Klage, dein ist die Zeit.» 

Tschüss Bernd, du hast uns im Vatikan viel gegeben. Dein Tod soll derselbe sein wie jener von Petrus: Über seinen Tod hinaus ist eine Kirche gewachsen, in der gestritten, geklagt, gelacht und vor allem gebetet wird.

Text: Mario Galgano