Kapital für die Zukunft

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Kapital für die Zukunft

Katholische Stiftungen engagieren sich für die Jugend oder die Kirche 
in Zürich ebenso wie für Unternehmerinnen in Afrika.

Mitte Juni, bei idealem Laufwetter, ist Willy Bischofberger von Küsnacht-Goldbach aus unterwegs zum Forchdenkmal. Er und sein Laufkollege packen die 16,9 Kilometer und die 320 Höhenmeter locker, «trotzdem kamen wir bergauf ins Schwitzen». Bischofberger ist Präsident des Schulrates der Freien Katholischen Schulen Zürich und Mitglied des VCU (Vereinigung Christlicher Unternehmer) und hat diesen Spendenlauf ins Leben gerufen. Die Idee: Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer laufen für afrikanische Unternehmerinnen. Die pro Kilometer gesammelten Spendengelder kommen über die Programme der Stiftung Swisshand Kleinbetrieben zugute

Insgesamt umrundeten Bischofberger und vier weitere Läuferinnen und Läufer den ganzen Zürichsee in verschiedenen Etappen. Schweizweit sind 500 Personen vom 12. bis 20. Juni in vielen Regionen der Deutschschweiz gewandert, spaziert, gejoggt oder Velo gefahren. So sei ein schöner Betrag zusammengekommen, freut sich Bischofberger, der selber schon beruflich in Afrika unterwegs war und festgestellt hat, dass «Investitionen in kleine lokale Unternehmungen von Frauen oder Dorfgemeinschaften» sich am besten lohnen.

Die Stiftung Swisshand wurde 1968 vom VCU gegründet. Seither wurden bereits über 
30 000 Kleinstunternehmen mit Mikrokrediten unterstützt: ein Coiffeurstuhl für ein Coiffeurgeschäft, Schweine für eine Zucht, eine Nähmaschine für ein Nähatelier usw. Dabei arbeitet die Stiftung mit ihrem Kapital, das sich aus Spenden äufnet. «Dank der umsichtigen Vergabe der Mikrokredite und der hohen ‹Rückzahlungs-Quote› ist es möglich, das eingesetzte Kapital mehrfach zu verwenden», erklärt Sabine Ganz vom Stiftungsrat. 

Der kleine Zins, der auf die Kredite erhoben wird, kann für Koordinationsspesen, die Schulung sowie Währungsschwankungen vor Ort eingesetzt werden. «Alle in der Schweiz für Swisshand arbeitenden Personen arbeiten vollumfänglich ehrenamtlich», betont Ganz.

Bevor die Frauen in Uganda, Äthiopien, Ghana, Nigeria oder Kamerun, wo Swisshand derzeit tätig ist, den Kredit bekommen, durchlaufen sie eine Unternehmensschulung. Während der sechsmonatigen Kreditlaufzeit werden sie eng, später sporadisch begleitet. «Nach vier bis fünf Jahren erfolgreicher Führung eines Projektes wird dieses in die Selbständigkeit entlassen», sagt Sabine Ganz. «Dank der Generierung eines regelmässigen Einkommens finden die Frauen und ihre Familien aus der Spirale der Armut hinaus. Denn mehr Einkommen der Frauen bedeutet mehr Bildung für die Kinder, die dadurch wiederum besser Arbeit finden werden.» 

Szenenwechsel. Im Büro von Thomas Niedermann am Zürcher Limmatquai hat die alte 
Ledermappe mit Originaldokumenten seines Grossvaters Karl Niedermann einen festen Platz. Zusammen mit seinem Bruder Albert hatte dieser Anfangs des 20. Jahrhunderts eine Metzgerei übernommen, sie erweitert und daraus eine höchst erfolgreiche Geschäftstätigkeit entwickelt – als katholisches Familienunternehmen im reformierten Zürich. «Die beiden unterschiedlichen Brüder haben sich hervorragend ergänzt», sagt Thomas Niedermann. «Mein Grossvater war voller Ideen, kreativ und extrovertiert, er hat immer wieder Neues angepackt. Grossonkel Albert war ruhig und bedächtig, der stille Schaffer im Hintergrund.» 

Für seinen Grossvater sei es höchst segensreich gewesen, mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der ihn wo nötig auch bremsen konnte. «Als sich die beiden aus der aktiven Geschäftstätigkeit zurückzogen, haben sie ihr Vermögen eins zu eins geteilt, ohne zu rechnen, wer daran mehr Anteil hätte.» Deshalb besteht das Vermächtnis dieser erfolgreichen Brüder für Thomas Niedermann vor allem auch in diesem unkonventionellen Geschäftsführungsmodell.

Es gibt aber auch ein finanzielles Vermächtnis, das sich in zwei Stiftungen niederschlug, die heute noch für die Katholische Kirche im Kanton Zürich von Bedeutung sind. «Zur Zeit meines Grossvaters gab es für die Katholische Kirche in Zürich noch keine Kirchensteuern», erklärt Thomas Niedermann. 

«Das ganze kirchliche Leben wurde finanziell von den wenigen bessergestellten Katholiken geschultert.» Während Karl Niedermann das Unternehmen seiner nachfolgenden Generation weitergab, errichtete Albert Niedermann, der kinderlos geblieben war, aus seinem Vermögen die Albertus-Magnus-Stiftung (kirchliche Stiftung) und die Albert-Niedermann-Hartmann-Stiftung (staatlich kontrollierte, gemeinnützige Stiftung). Beide mit dem Zweck, das katholische Leben in der Stadt Zürich (heute auch in der Region) zu fördern. Der Albertus-Magnus-Stiftung geht es vor allem um die Bildung, Seelsorge und Förderung der Jugend, während die Albert-Niedermann-Stiftung gemeinnützige und karitative Werke der Kirche unterstützt. Sie bewirtschaftet mehrere Liegenschaften, in denen kirchliche und karitative Organisationen zu günstigen Mieten tätig sein können. Dies wird möglich durch die Quersubvention einiger zu Marktpreisen vermieteter Wohnungen. 

Kurz nach Errichtung der Stiftungen wurde die Katholische Kirche staatlich anerkannt und Kirchensteuern konnten erhoben werden. «Da gab es neue Ressourcen für kirchliche Aufgaben», sagt Niedermann. «Doch wurde der Beitrag der Stiftungen deshalb keineswegs überflüssig.» Die Freien Katholischen Schulen als grösster einzelner Begünstigter der Albertus- Magnus-Stiftung seien in all den Jahren auf diese Beiträge angewiesen gewesen – zwei ihrer Liegenschaften gehören zudem der dritten katholischen Stiftung in Zürich: der Basilius-Vogt-Stiftung. Auch die Mittelschulseelsorge sowie die Lehrlingsseelsorge «kabel» profitieren von Beiträgen und vom tiefen Mietzins in Liegenschaften der Albertus-Magnus-Stiftung. 

«Bis jetzt ist es gelungen, das Vermögen des Stifters zu erhalten und in seinem Sinn unternehmerisch einzusetzen. So können wir aus den Zinsen die Unterstützungen leisten.» Und: Die Steuer-Einnahmen der Katholischen Kirche sind rückläufig, nicht nur wegen Kirchenaustritten, sondern auch wegen Firmensteuern, die zurückgehen oder wegfallen könnten. «In Zukunft könnten Ressourcen von privaten Stiftungen wie der unseren wieder grössere Bedeutung erhalten, um das kirchliche Leben zu unterstützen.»

Text: Beatrix Ledergerber