Kopf frei für gute Entscheidungen

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«Auszeit für junge Menschen» heisst das neue Angebot im Kloster Wurmsbach – nachdem die Schwestern die Mädchenschule schliessen mussten. 

Mächtige Bäume, viel Grün, der glitzernde See und die wohlproportionierte, helle Klosteranlage: Das Kloster Mariazell in Wurmsbach am oberen Zürichsee ist ein wunderschöner Ort. Schon ein Besuch dort ist eine «Auszeit» - weg vom Alltag, dem vorgegebenen Rhythmus, den Verpflichtungen.

Eine «Auszeit für junge Menschen» bieten die Schwestern vom Kloster neu ab dem Herbst an. «Auszeit heisst ja auch, aus dem Takt kommen, aus dem Alltag gehen, den man sonst hat. Nur schon der Ort ist anders. Das allein kann sehr inspirierend sein», erklärt Schwester Andrea Fux (55), zuständig für das neue Programm im Kloster. Für ein Video zur Bewerbung des Klosters fräst sie mit dem Trotti und wehendem Ordenskleid in ihr Büro. Mit klarer Intention: Die lebhafte, zugewandte Frau möchte – gemeinsam mit ihren Mitschwestern – jungen Frauen und Männern bis 35 Jahren helfen, ihren Platz im Leben zu finden, beruflich Fuss zu fassen, zu glücklichen Menschen zu werden. 

Nachdem die Gemeinschaft diesen Sommer die letzten Schülerinnen ihrer Mädchenschule verabschiedet hat, füllen nun die Vorbereitungen für das neue Angebot die Agenda. «Viele junge Menschen haben das Bedürfnis nach einem Ort, an dem sie einfach sein dürfen und weniger abgelenkt sind – gerade für schwierige Entscheide: Wie kann ich meinem Leben Sinn geben? Wofür möchte ich leben? Wie kann ich Gott auf die Spur kommen? Für junge Menschen war auch das Corona-Jahr sehr hart»,  erklärt Schwester Andrea im Gespräch im Gästehaus des Klosters.  «Aber wir sind und bleiben ein Ort der Begegnung. Das waren benediktinische Klöster schon immer.» 

Sie zeigt stolz die Räumlichkeiten. Verschieden grosse Einzelzimmer und Studios, lichtdurchflutet, teilweise mit Blick auf den See, Küchen, Aufenthaltsräume und ein wunderschönes Eck-Esszimmer mit mächtigem, antikem Kachelofen. Auch verschiedene Kreativ-Räume gibt es vor Ort. Bis zu elf Menschen haben Platz, mit den Schwestern das Klosterleben zumindest teilweise zu teilen. «Wir geben eine klare Struktur vor», so Schwester Andrea. Wöchentliche Impulse zu verschiedenen Themen sind geplant, die geistliche Begleitung – wenn gewünscht – ist Aufgabe der Äbtissin Monika Thumm. «An drei Tagen der Woche arbeiten die jungen Leute auch zum Beispiel im Garten, in der Bibliothek oder im kreativen Bereich mit.» Für Kost und Logis wird gearbeitet, der Aufenthalt kann zwischen drei und zwölf Monaten dauern. «Es kostet nichts, abgesehen von 200 Franken für den ersten Monat, aber es ist nicht kostenlos. Es kostet dich persönlich etwas,» führt die vielseitig begabte Schwester aus, die die Bewerbung des neuen Angebots über die Website des Klosters, den Facebook-Auftritt und den neuen Instagram-Kanal steuert. 

Fast täglich führt sie derzeit Gespräche mit Interessierten per Zoom – vor allem mit Frauen: eine Rezeptionistin, die schon lange im Beruf arbeitet, aber erst 27 Jahre alt ist und während der Corona-Zeit über ihre berufliche Perspektive ins Grübeln kam. Oder die Maschinenbau-Ingenieurin, die bereits gekündigt hat und sowohl kirchlich wie politisch engagiert ist. Wohin ihr Weg sie führt, möchte sie im Kloster Mariazell herausfinden. 

Schwester Andrea Fux freut sich mit ihrer Gemeinschaft auf die neuen Mitbewohnerinnen: «Der lebendige Austausch tut uns ja auch gut, wir sind herausgefordert. Wir kommen weg von der kleinen Welt, erweitern den Horizont und kreisen nicht um uns. Das ist uns wichtig.» Im Oktober sollen die ersten jungen Menschen einziehen. Langfristig kann das Kloster Wurmsbach weitere Räume anpassen und umbauen, so dass auch mehr als elf Interessenten aufgenommen und begleitet werden können. Schwester Andrea Fux: «Wir möchten die Zeichen der Zeit lesen und Bedürfnisse wahrnehmen.»

Text: Kerstin Lenz, Informationsstelle Katholische Kirche Zürich