Wasser macht lebendig

Glaubens-Perspektiven

Wasser macht lebendig

«Heute machen wir eine Bachwanderung!» Dieser Satz bringt die Augen meines fünfjährigen Sohnes zum Leuchten.

Schon lange freut er sich darauf, endlich wieder einmal barfuss ein Bachbett in der näheren Umgebung zu erkunden. In diesem Jahr sind wir nämlich noch gar nie dazu gekommen – anders als vor zwei Jahren, als wir fast jedes Wochenende in irgendeinem Bach im Thurgau anzutreffen waren. Einen Lunch im Rucksack und ansonsten nur mit Badehose und T-Shirt unterwegs, lautete unser Motto «Von der Quelle zur Mündung». 

Einerseits ist das Bachwandern wunderbar kühl in der sommerlichen Hitze, anderseits gibt es so viel zu entdecken: Insekten, Bäume, Flechten, Vögel und wundersame kleine Bachläufe. Darüber hinaus laden kleine Wasserfälle oder natürliche Wannen im Bachbett zum Plantschen und Baden ein. Von einer solchen Wanderung sind wir stets erfüllt und glücklich nach Hause zurückgekehrt. Staunend, wie reich doch unsere Umgebung, wie «voll» die ganze Schöpfung ist. 

In diesem Jahr allerdings hat uns die Natur eine andere Seite gezeigt. Der Juli war verregnet und nass, Bäche und Flüsse gingen über die Ufer und an vielen Orten kam es zu kleineren oder grösseren Überschwemmungen. Ganz anders als 2018, im Sommer vor drei Jahren, als Hitze und Trockenheit so gross waren, dass sich die Bäume teilweise schon im Juli herbstlich verfärbten und Bäche austrockneten. Eigentlich braucht es ja keine solchen Extremereignisse, um zu sehen, wie stark wir in den Kreislauf der Natur eingebunden sind. Gerade das Wasser macht dies für mich aber besonders deutlich. Die Wasserknappheit vor drei Jahren – von Rasensprengen oder Poolfüllen wurde abgeraten – sowie die Überschwemmungen in diesem Jahr zeigen, wie verletzlich der Kreislauf der Natur ist. 

«Damit Ströme lebendigen Wassers fliessen» lautet das Motto der diesjährigen Schöpfungszeit. Wer nach einer Wanderung – ob in den Bergen oder im Flachland – schon einmal durstig und mit trockener Kehle einen Schluck frischen Quellwassers getrunken hat, weiss, wie sehr das die Lebensgeister zu wecken vermag. Der Mensch, der zu etwa 60 Prozent aus Wasser besteht, ist existenziell darauf angewiesen, Wasser zur Verfügung zu haben. Im Johannesevangelium steht das lebendige Wasser zudem mit dem Geist Gottes in Verbindung: denn Wasser ist Leben, ebenso, wie in Gott Leben ist. 

Diesem Geheimnis des Lebens werden wir mit unseren Kindern noch ab und zu nachgehen. Einerseits beim Bachwandern und Gartengiessen, wo wir miterleben können, wie Pflanzen und Tiere dort gedeihen, wo es Wasser hat. Und anderseits in den biblischen Geschichten, die wir uns an manchen Abenden vorlesen und die davon erzählen, dass uns Gott schenkt, was wir zum Leben brauchen. Und wir müssen diesem Leben Sorge tragen, auch für die zukünftigen Generationen.

Text: Daniel Ritter