Wegen meiner journalistischen Tätigkeit ist meine Zugehörigkeit zur Katholischen Kirche seit dreissig Jahren keine Privatsache mehr. Aber nie wurde ich deswegen angegriffen – ausser von ein paar Menschen, die mir das Katholischsein absprechen wollten. Hauptsächlich jedoch habe ich sowohl innerhalb wie ausserhalb der Kirche unglaublich viel Interesse und Wertschätzung erfahren.
Die religiösen Fragen stecken offenbar nicht in der Krise, sondern die vorgefertigten Antworten. Für mich passt das, denn die existenziellen Fragen haben mich immer viel stärker bewegt als dogmatische Antworten. Meister Eckhart – einer meiner Leuchttürme – fordert, dass wir das Denken und das Reden flüssig halten. Im Geist dieses grossartigen Mystikers des Mittelalters erfahre ich meinen Glauben tatsächlich als Weg: Permanent unterwegs und nie am Ziel.
Im Glauben unterwegs zu sein, diese Erfahrung verbindet mich mit vielen Leserinnen und Lesern. Ich weiss das aus Briefen und Begegnungen. Wir alle müssen auf unserem Weg das Gefühl der Unsicherheit aushalten. Kaum haben wir vermeintlich perfekte Lösungen gefunden, werden diese vom Leben schon wieder in Frage gestellt. Je älter wir werden, desto bewusster wird uns: Wir werden nie ganz ankommen. Wir scheitern immer wieder. Und rappeln uns auf.
Ich bin überzeugt: Im Fragen steckt mehr Potential für unsere Gemeinschaft als in glasklaren Antworten, weil diese allzu leicht Distanz und Stillstand ausstrahlen. Wenn wir jedoch unsere Fragen teilen, – auch im Scheitern und im Aufrappeln – dann entstehen Verständnis und Mitgefühl. Ich bin dankbar, dass ich beim forum in diesem Geist mit Ihnen, unseren Leserinnen und Lesern, unterwegs sein darf.