«Ehe für alle»-Debatte

Leserbriefe

«Ehe für alle»-Debatte

Der Beitrag «Erweiterung des Ehebegriffs» in der forum-Ausgabe 18 hat wie erwartet viele Reaktionen ausgelöst. 

Bei den Ausführungen wurde der gesellschaftlich und politisch geltende Grundsatz vernachlässigt: Gleiches ist gleich, Ungleiches ist aber nach Massgabe der Ungleichheit ungleich zu behandeln. Das ist nie ganz ohne Widerspruch, aber letztlich konsequent – wenn auch die Argumente der Bischöfe eine «wischi-waschi» Position zum Ausdruck bringen. Der aktuelle Hang zur Gleichmacherei führt zu absurden Verhältnissen in der bestehenden Rechtsordnung und beschädigt den erwähnten Grundsatz massiv. Mit der Ehe für Alle wird man diese Entwicklung zweifellos begünstigen. Damit entfernen sich der Staat und die Verfassung leider von christlichen Grundwerten.

 Toni Bortoluzzi, Affoltern am Albis


Herzlichen Dank für die präzise Argumentation. Einen Punkt hätte ich zu ergänzen: Es gibt ja öfters Situationen, wo man den Zivilstand angeben muss, zum Beispiel bei einer Bewerbung für eine Arbeitsstelle. Gebe ich «in eingetragener Partnerschaft» an, gebe ich automatisch und quasi ungefragt die Zusatzinformation weiter, dass ich schwul bin. Diese Zusatzinformation ist an und für sich natürlich nichts Schlimmes. Nur: Gebe ich «ledig» an, hat der oder die Fragende diese Information nicht. Das ist doch etwas ungerecht, dass die einen gleich ihre sexuelle Orientierung zwingend angeben müssen und andere nicht. Zudem: Bin ich zum Beispiel in einem eher homophoben Land auf Reisen, werde ich es mir je nach Situation wohl gut überlegen, ob ich «eingetragene Partnerschaft» oder aus Angst dann doch lieber «ledig» angebe. Das sollte doch definitiv nicht so sein! 

 Albin Hässig, Zürich


Man lese das Statement der Schweizer Bischofskonferenz zur Abstimmung Ehe für alle. Was für ein Kontrast zum ausgezeichneten Beitrag von Thomas Binotto. Dieses Statement tut fast schon weh: Unsere Bischöfe! Was sind das für Hirten? Ihnen ist das Wort Ehe wichtiger als die Liebe zwischen zwei Menschen. Einfach nur traurig. Ist das die Botschaft unseres Herrn Jesus Christus?

 Thomas von Briel, Zollikon


Im Hinblick auf das Referendum gegen den Parlamentsentscheid zu «Ehe für alle» hat die Bischofskonferenz zu Anfang des Jahres eine ablehnende Empfehlung herausgegeben. Für bischöfliche Empfehlungen gibt es im Pfarrblatt offenbar keinen Platz mehr, wenn diese der Redaktion nicht passen. Erstaunlich, dass nun vier Wochen vor der Abstimmung ein dreiseitiger Artikel zur «Erweiterung des Ehebegriffs» und eine entsprechend gestaltete Titelseite erscheint, der sich als ein einseitiges und klares Votum für ein Ja zur Ehe für alle erweist. Die Unterdrückung einer anderen Meinung wie auch die einseitige Stellungnahme für die Ehe für alle entspricht nicht unserer politischen Kultur und schon gar nicht dem Auftrag eines Pfarrblattes.

 Karl Sonderegger, Urdorf


Thomas Binotto möchte sich, statt nach moralischen Normen, lieber nach der (angeblichen) sozialen Wirklichkeit richten; das kann seine Meinung sein, als Richtlinie für richtiges Verhalten ist der Ansatz ungeeignet. Das Argument der Gleichbehandlung ist untauglich, weil die Rechtsgleichheit in unserer Rechtsordnung meint, dass Gleiches gleich zu behandeln sei; dass die Gemeinschaft von Mann und Mann oder Frau und Frau das Gleiche wäre wie die Gemeinschaft von Mann und Frau, lässt sich unter keinem Aspekt (angefangen beim Biologischen bis hin zu der geschlechtsspezifischen Charakteristik) im Ernst behaupten. Warum die auf homoerotische Paare zugeschnittene eingetragene Partnerschaft für diese nicht genügen soll, vermag niemand schlüssig zu erklären. Eine schlichte Unwahrheit ist die implizierte Behauptung, die Familie als Gemeinschaft von Mann, Frau und Kind sei eine Erfindung der Neuzeit.

 Christian Klein, Zürich  


Was Herr Binotto geschrieben hat widerspricht dem Willen Gottes, wie wir ihn aus der heiligen Schrift kennen. Seine Worte sind im Sinne dieser Welt gemeint, als ob wir nicht für die Ewigkeit geschaffen wären. Solange die Katholische Kirche dieser Welt gefallen will um Anhänger für sich mit weltlichen Werten zu ergattern, wird sie zusammen mit ihren Anhängern verderben. 

 Paolo Isceri, Glattfelden


Zu den bemerkenswerten und insgesamt stichhaltigen Entgegnungen zur Haltung der Bischofskonferenz gegenüber der «Ehe für alle» gilt es Folgendes zusätzlich zu gewichten: In der Tat ist die Fortpflanzungsmedizin nicht Teil der Vorlage, doch die erfolgreiche Salami-Taktik der lesbisch-homosexuellen Community lässt darauf schliessen, dass sowohl die Samenspende wie die Leihmutterschaft die nächsten Ziele sind, welche gleichgeschlechtliche Paare für sich in Anspruch nehmen werden. Ehrlicherweise müsste die Abstimmungsvorlage lauten «Kinder für alle», denn das ist letztlich die Krux des Begehrens, das der Bischofskonferenz Zurückhaltung auferlegt. Bei wem das Kindswohl höchste Priorität geniesst, sollte dies bedenken.

 Joseph Auchter, Meilen


Ich kann dem Artikel nur von ganzem Herzen beipflichten: Ungewöhnlich ist längst das neue Normal geworden. Und solange wir sorgsam miteinander umgehen sehe ich das klar als Segen und nicht als Bedrohung. Wir sind gottgewollte Vielfalt, egal ob Reformierte oder Katholiken, Heteros, Schwule oder Lesben. Ich wünsche mir eine Gesellschaft in der alle diese möglichen Lebensformen derart selbstverständlich werden, dass nicht einmal mehr danach gefragt wird. Für mich ist die Haltung der Bischofskonferenz in dieser Frage symptomatisch für die Lage, in der sich die katholische Kirche befindet: Statt die Leute dort im Leben abzuholen, wo sie gerade stehen und gemeinsam eine neue, starke Gemeinschaft auf dem Fundament christlicher Nächstenliebe zu bilden, sträubt man sich weiterhin mit Händen und Füssen gegen jede Form von Reformation – und wundert sich, dass der Mitgliederschwund derweil munter von Jahr zu Jahr weitergeht.

Gaudenz Fischer, Zürich


Ihr Artikel ist der beste und mutigste, den ich in den 54 Jahren forum gelesen habe!

 Viola Neumann, Zollikerberg


Die Verbindung zwischen Mann und Frau ist ein Naturgesetz für die Fortpflanzung und die Basis für eine Familie. Naturgesetze sind Gottes-Gesetze. Diese zu missachten hat Folgen und ist durch den Klimawandel, die Pandemie und das Chaos in der Welt sichtbar. Einer Ehe, die vor allem wegen gesellschaftlichen und materiellen Vorteilen geschlossen wird, fehlt die natürliche und spirituelle Grundlage.

 Caroline Walker, Hombrechtikon


Natürlich ist nicht jede sexuelle Beziehung schon eine Ehe. Immerhin kann aus einer ungeordneten heterosexuellen Beziehung eine Ehe gemacht werden, da eine Fortpflanzung möglich ist. Bei der homosexuellen Beziehung ist das nicht möglich. Die rechtlichen Vorteile, welche die Ehe geniesst, werden hier nur gefordert auf Grund der Lustbefriedigung: «Unser von Natur aus unfruchtbares Liebesspiel soll als Ehe gelten!», ist im Grunde die Forderung der Befürworter der Ehe für alle; auch wenn sie als Hauptgrund die gegenseitige Unterstützung in allen Lebensbereichen vorschieben. In Nachahmung der natürlich gewachsenen Familie wollen sie auch noch Kinder adoptieren und als Eltern gelten. Vater und Mutter zugleich können sie aber nie und nimmer werden.

 Joseph Köchle, Zürich


Ich bedaure, dass der Beitrag keine Hilfe ist für eine eigene Meinungsbildung, weil er dafür zu einseitig angelegt ist. Die Hauptfrage ist: Woran orientieren wir uns? An demographischen Entwicklungen und an aktuellen Trends? Jeder denkende Mensch und Politiker sieht, dass die Zukunft von Gesellschaft und Staat von den Familien abhängt. Eine Gesellschaft, die nicht aussterben will, räumt der Familie einen hohen Stellenwert ein, fördert sie und diskriminiert sie nicht durch Gleichsetzung mit Partner­schaften; der Unterschied ist zu gross. Kann man da einfach auf dem Papier und in der Ver­fassung einen neuen Ehebegriff erfinden? Ich kann nur staunen über unsere Politiker. Sie wollten eine Abkürzung nehmen, haben damit aber einen Streit angezettelt, kostspielige Abstim­mungen erreicht, anstatt einfach dort die entsprechenden Rechte zu schaffen, die erforder­lich schienen. War es einfach der Druck der Lobby oder die Angst vor Stimmen­verlust?

 Pater Alfred Kistler, Horw


Den Erkenntnissen und den daraus resultierende Schlussforderungen von Thomas Binotto kann ich voll und ganz zustimmen. In seinem Buch «Zu spät» stellt P. Martin Werlen OSB eine Entfremdung der Kirche von den Menschen fest. Dies trifft gerade beim Ehebegriff in klarer Weise zu. Unsere Bischöfe sind in ihrem Handlungsspielraum sehr eingeschränkt. Es handelt sich hier letztlich um ein strukturelles Problem unserer Kirche, bedingt durch den römischen Zentralismus. Der Vatikan wäre gut beraten, sich endlich mit den überfälligen Problemen seit dem Vatikanum II in konstruktiver Weise zu befassen. Die Glaubwürdigkeit befindet sich ohnehin in Schieflage. Man darf die Hoffnung nicht aufgeben.

 Paul Odermatt, Richterswil