Es ist aufgetischt

Hintergrund

Es ist aufgetischt

Gut 100 Firmlinge kamen am 17. Oktober nach Einsiedeln, um den Startschuss zum synodalen Prozess im Bistum Chur zu geben. Sie sprachen Klartext.

In verschiedenen Runden diskutierten die jungen Erwachsenen unter sich Themengebiete wie Gemeinschaft, Mitgestaltung und Aufbruch an die Ränder der Gesellschaft. In erfrischend direkter Art brachten sie die heissen Eisen zur Sprache. Vom Umgang mit verschiedenen Ausrichtungen von Sexualität über Frauen in der Kirche, Zölibat bis hin zu Kirchenrecht und Aufarbeitung von Missbrauch kam alles auf den Tisch.
 

Nehmt uns endlich ernst!

Jugendliche verstehen sich klar als Kirche der Gegenwart, spüren aber nicht, wie sich das in den kirchlichen Strukturen abbildet und wie ihre Anliegen «nach oben» getragen werden.

Sehr lebendig und direkt brachten sie die Situation von Jugendlichen auf den Punkt: «Wir fühlen uns nicht gehört. Es wird nicht auf die Jungen in der Kirche gehört.» – «Ich wollte was verändern, wurde aber nicht ernstgenommen», sagt ein 18-Jähriger. – Eine 17-jährige Schülerin fügt an, dass die Jungen wegen des fehlenden Vertrauens der Älteren nicht mitreden können.

Starke Voten gaben die Jugendlichen auch zum Thema Transparenz ab, indem sie beispielsweise kritisch fragten, was von diesem Tag in der Zusammenfassung der Zusammenfassung bei den Bischöfen 2023 in Rom noch ankommen werde.

Ein Drittel der gut 100 Jugendlichen schrieben sich am Schluss des Tages auf einer Liste ein und erklärten sich bereit, in einem Jugendrat mitzuwirken, der den Bischof beraten soll. In künftigen Treffen sollen Einzelheiten dazu geklärt werden. Synodenpräsident Felix Caduff war von der Offenheit der Jugendlichen beeindruckt: «Die Reform-Punkte, die sie aufgezählt haben, gilt es umzusetzen: Der Dialog muss echt sein, Jugend muss ernstgenommen werden – und sie will verlässlich sehen, dass ihr Beitrag aufgenommen wird.»

Claude Bachmann, einer der Organisatoren des Jugendtages, ortet ein deutliches Bedürfnis, dass die Jugendlichen sich auch nach diesem Startschuss treffen, sich austauschen und etwas bewegen wollen. Die Jugendlichen haben in Einsiedeln ihre Visionen und Anliegen zur Sprache gebracht. Sie brachten ihre Fragen ungeschönt und direkt zur Sprache, wollen in der Kirche etwas bewegen und sind bereit, sich zu engagieren.


 Unter den Tisch kehren geht nicht

Der «Synodale Prozess 2023» hat erst begonnen. Es bleibt abzuwarten, wie sehr dieser Startschuss auch die Verantwortlichen in Bewegung versetzt. Die Hoffnungen, nicht nur der jungen Erwachsenen, sind immer noch da. Wie lange sie lebendig bleiben, hängt jedoch von der Glaubwürdigkeit des synodalen Prozesses ab – von seiner Ehrlichkeit und der Bereitschaft zur Veränderung.

Die jungen Erwachsenen wurden in Einsiedeln gehört. Das ist eine Selbstverständlichkeit in einer Kirche, die gerne Geschwisterlichkeit betont. Reden zu dürfen und gehört zu werden, wird allerdings nicht ausreichen. Entscheidend wird nun sein, dass die Verantwortlichen sich den aufgeworfenen Fragen offen stellen. Die heissen Eisen sind auf dem Tisch. Und sie werden sich so schnell nicht auf lau temperieren lassen. 

Text: Katholische Kirche im Kanton Zürich / bit