Pflegeinitiative

pro und kontra

Pflegeinitiative

Zur Abstimmung vom 28. November 2021

Pro: Ida Glanzmann-Hunkeler (Mitte)

Es braucht die Pflegeinitiative, damit Pflegende im Beruf bleiben und für die Zukunft mehr Qualität in der Pflege gewährleistet ist. Klatschen allein genügt nicht! Wer hätte bei der Lancierung der Pflegeinitiative im Januar 2017 gedacht, dass Leute dem Pflegepersonal mal von den Balkonen zuklatschen würden. Ja richtig, der Pflegenotstand ist nicht erst seit der Pandemie bekannt, es gibt ihn schon viel länger. Und klatschen allein hilft leider nicht, dies zu verbessern. 

Die Bevölkerung der Schweiz wird immer älter und wir brauchen immer mehr Pflegende. Trotzdem lehnen Bundesrat und Parlament diese Initiative ab, weil damit ein Berufsstand in der Verfassung verankert würde. Ein Gegenvorschlag wurde erarbeitet, mit dem Ziel eine Ausbildungsoffensive zu starten. Damit wird aber nur eine Forderung der Initiative erfüllt. 

Die Arbeitsbedingungen in der Pflege sind seit langem prekär. Das Fachwissen und 
die Beziehung zum Patienten sind die Grundlage, nur leidet oft gerade die Beziehung, da schlicht die Zeit für den Kontakt mit den Menschen fehlt. Mit der fehlenden Zeit für die Pflege entstehen Fehler, die die Qualität der Pflege schwächen und schlussendlich Konsequenzen haben, welche die Gesundheitskosten verteuern. 

Die Initiative verlangt, dass neben den verlässlichen Einsatzplanungen auch familienfreundliche Strukturen gewährleistet und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten vorhanden sein müssen. Die Qualität der Pflege kann nur mit entsprechender Ausbildung und genügend Personal gesichert werden. 

Eine Ausbildungsoffensive allein reicht nicht, es braucht die Pflegeinitiative, damit genügend Pflegende ausgebildet werden, diese im Beruf bleiben und damit für die Zukunft mehr Qualität in der Pflege gewährleistet werden kann. 


Kontra: Regine Sauter (FDP)

Das Anliegen der Pflegeinitiative ist berechtigt, der Weg ist falsch. Die Schweiz bildet zu wenig Pflegefachkräfte aus, und es zeichnet sich ein Mangel ab. Der Weg, den die gewerkschaftlich geprägte Initiative vorsieht, ist jedoch falsch: sie will Arbeitsbedingungen und Löhne in der Bundesverfassung festschreiben. Ein unschöner Präzedenzfall, gleiche Forderungen von anderen Berufsgruppen würden wohl nicht lange auf sich warten lassen. Die Rahmenbedingungen eines Arbeitsverhältnisses, und dazu gehört auch der Lohn, werden in der Schweiz traditionell durch die Sozial-partner ausgehandelt. Es gibt keinen Grund, weshalb in der Pflege der Bund diese Auf--gabe übernehmen müsste, er betreibt auch keine Spitäler oder Pflegeheime. 

Das Parlament ist deshalb selbst tätig geworden und hat die Stossrichtung der Initiative in einem sogenannten indirekten Gegenvorschlag umgesetzt. Beschlossen wurde eine Ausbildungsoffensive und dafür ein Betrag von rund 1 Mrd. Franken bewilligt. Damit werden Ausbildungsplätze in den Kantonen geschaffen, aber auch Personen in der Ausbildung direkt finanziell unterstützt. Zusätzlich erhalten Pflegefachpersonen mehr Verantwortung, indem sie Massnahmen selbständig erbringen und mit der Versicherung abrechnen können, ohne dass ein Arzt diese anordnet. 

Der indirekte Gegenvorschlag tritt unmittelbar in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird. Die Ausbildungsoffensive kann damit sofort eingeleitet werden. Die Initiative müsste hingegen vom Parlament erst umgesetzt werden, wodurch wertvolle Zeit verstreicht. Der indirekte Gegenvorschlag ist die sinnvolle Antwort auf ein bestehendes Problem. Nein zur Initiative heisst deshalb Ja zum Gegenvorschlag.

Text: Beatrix Ledergerber