forum der Erfahrungen

Editorial

forum der Erfahrungen

Darf ich an dieser Stelle einen Beitrag kommentieren, der in unserem Heft erscheint?

Sie ahnen: Ich habe die Frage bereits beantwortet. – Allerdings geht es mir nicht um eine Kritik am Beitrag von Daniel Ritter, der sich mit dem Advent im Familienkreis beschäftigt. Mir kam bei der Lektüre seines Textes jedoch meine persönliche Erfahrung als «Ja, aber!» in die Quere.

Meine Kinder sind alle erwachsen. Wenn sie Advent feiern, dann feiern sie ihn ohne mich. All die Einkehr und Ruhe, die ich mir vom Advent wünsche – und die Daniel Ritter so eindringlich beschreibt –, all diese Geborgenheit erlebe ich im Advent nur selten. Momentan steht noch nicht einmal ein Adventskranz auf meinem Stubentisch.

Meist fehlen mir Kraft und Disziplin, die grossen und kleinen Sorgen wenigstens im Advent auf Distanz zu halten. Die Besinnung auf Weihnachten bleibt liegen, obwohl ich weiss, wie gut sie mir tun könnte. Und so fühle ich mich von Weihnachten dann oft mehr heimgesucht als umfangen.

Glücklicherweise muss ich mich nicht entscheiden, was nun das Richtige ist: Daniel Ritters intensiver Familienadvent oder mein nüchterner Alltagsadvent. Es geht auch im Glauben nicht um schroffe Entweder-oder-Entscheidungen.

Auch deshalb sind wir ein «forum»: Weil wir ganz unterschiedliche Lebenslagen und Perspektiven aufnehmen und reflektieren. Wenn unsere Beiträge zum eigenen Weiterdenken oder auch Andersdenken anregen, dann haben sie ihr Ziel erreicht.

Text: Thomas Binotto