Ein Mittagessen, das Generationen verbindet

Reportage

Ein Mittagessen, das Generationen verbindet

Einmal im Monat treffen sich Schulkinder, Pensionierte und alle, die Lust haben, in Wallisellen zum «Big Tisch». Ein ökumenisches Angebot, das auf Begeisterung stösst.

Es ist 12 Uhr – langsam betreten die ersten Gäste das Kirchgemeindehaus der reformierten Kirche Wallisellen. Die Tische sind bereits gedeckt – ein einladender Raum, in dem die Organisatorinnen Lucia Reinecke und Jacqueline Käs bereits warten, um die rund 40 Gäste zum Mittagessen zu empfangen: Schulkinder, Pensionierte, Beschäftigte und Interessierte. Sie alle treffen sich einmal im Monat zum sogenannten «Big Tisch». Das Angebot der katholischen Pfarrei St.  Antonius und der reformierten Kirche Wallisellen besteht bereits seit 14 Jahren und hat zum Ziel, ein generationsübergreifendes Mittagessen mitten in Wallisellen zu organisieren, an dem Jung und Alt die Hektik des Alltags vergessen und zu einem geselligen Austausch zusammenfinden können.

14 Jahre «Big Tisch»

Während sich die ersten Bekannten bereits freudig grüssen, sieht man, wie die rund sieben Freiwilligen bereits nach und nach die Vorspeise in den Saal tragen. Sobald alle ihren Platz eingenommen haben, heisst die Sozialdiakonin Jacqueline Käs ihre Gäste herzlich willkommen und bildet mit einem stimmungsvollen «Novembergedicht» den Auftakt der gemeinsamen Mittagszeit.

Anny Bräcker erzählt, eine junge Familie habe sie damals auf dieses Angebot aufmerksam gemacht und nun seien es schon 14 Jahre, in denen sie regelmässig zum «Big Tisch» kommt. Seit 70 Jahren ist sie bereits in Wallisellen wohnhaft und empfindet eine grosse Freude beim Treffen der vielen guten Bekannten. «Ich schätze sehr die Abwechslung, die dieses Angebot mir bietet», sagt die Seniorin mit einem dankbaren Lächeln. 

Der «Big Tisch» ist weit mehr als nur ein Mittagessen. Eine weitere Besucherin, Gisela Regenscheit, die als Religionspädagogin in der katholischen Kirche tätig ist und in ihrer freien Zeit gerne zum «Big Tisch» kommt, findet, es sei ein wichtiges Zeichen, dass die beiden Kirchen sich so von einer anderen Seite zeigen und um die Leute kümmern können – in lockerer, ungezwungener Atmosphäre. Vor der Zwangspause aufgrund von Corona seien viel mehr Familien gekommen, erzählt sie. Jedoch sei sie zuversichtlich, dass sich diese Zusammensetzung bald wieder einspielen wird. Was sie am «Big Tisch» besonders schätzt? Das gute Essen und vor allem die Möglichkeit, sich dank dem Tischservice ganz auf die Menschen und das Gespräch mit ihnen zu konzentrieren.

Einmaliges Angebot

Der Pastor der Freien Evangelischen Gemeinde (FEG) in Wallisellen, Peter Hauser, weist auf die Einmaligkeit des «Big Tisch» hin: «Ich kenne kein vergleichbares Angebot.» Denn obwohl von der Gemeinde organisierte Möglichkeiten zum gemeinsamen Mittagessen in einem Restaurant existieren, sogenannte «Tavola-Treffen», sind die generationsverbindenden Zusammenkünfte beim «Big Tisch» ohnegleichen. Zurzeit sind die aufgrund der Coronasituation reduzierten Plätze schnell vergeben – nach dem letzten Essen gab es direkt sechs neue Anmeldungen und 20 weitere folgten kurz danach. 

Nach dem Essen können Erwachsene und Jugendliche thematische Bildausstellungen betrachten – die Idee eines Freiwilligen, der in dieser Ausstellung zum Thema Heimat die kulturellen Besonderheiten seines Heimatortes Tibet vorstellt. Das Thema der nächsten Ausstellung, die ebenfalls von einem Freiwilligen organisiert wird, ist noch eine Überraschung. Peter Hauser lobt diese Mehrwerte und schätzt es sehr, dass er an diesem ungezwungenen Ort die Möglichkeit hat, neue Leute kennenzulernen und alte Bekanntschaften zu pflegen. Seine Eindrücke vom «Big Tisch»? «Gutes Essen, gut organisiert.» 

Eine der engagierten Freiwilligen ist Rahel Rudolf. Sie bedient die Gäste und unterstützt die Köchin Giovanna Turchetta beim Kochen. Auch ihre Tochter Noemi steht ihr zur Seite, wenn eine helfende Hand gebraucht wird oder wenn es darum geht, den Gästen Kaffee zu bringen. Rahel Rudolf erzählt, sie helfe sehr gerne, da sie für diese gute Sache einstehen möchte. Das Schöne daran sei die Gelegenheit, in dieser bunten Mischung der Generationen Freundschaften aufzubauen und mit Leuten, die man zuvor nur flüchtig kannte, Beziehungen zu vertiefen. Es sei ein schönes Highlight nach einer langen Corona-Pause, befreundete Familien und alte Bekannte endlich wieder mit einem freudigen Hallo begrüssen zu können. Auch ihre Tochter schätzt diesen Austausch beim Mittagessen sehr – es sind Jung und Alt, die etwas gemeinsam weiterentwickeln.

Text: Ewelina Bajor, freie Mitarbeiterin