Eine Frage – viele Antworten

Glaubens-Perspektiven: Kaleidoskop

Eine Frage – viele Antworten

Meine Geschichte mit dem Glauben hat in meiner Kindheit begonnen: mit meinen beiden Omas, meiner Mutter, meiner Urgrossmutter. 

Vor unseren alljährlichen sommerlichen Reisen zum Beispiel, die manchmal in ferne Länder gingen, pflegte meine Uroma in ihrem unverkennbaren wienerischen Dialekt zu sagen: «Wenn i das nur da-bet’» – sinngemäss übersetzt: «Wenn ich bloss genug beten könnte, damit ihr gut wieder nach Hause kommt!» Auch Vater und Grossvater haben ihre Rollen in dieser Geschichte: Sie sind ohne Aufhebens mitgekommen in die Kirche und waren einfach da. Mein Vater konnte auch mal schräg lächeln und einer allzu frommen Predigt ein paar Argumente entgegenhalten.

Glaube kommt aus vielen Quellen. Wir haben unsere Autorinnen und Autoren gebeten, ein Jahr lang mit uns ihren persönlichen Glauben zu teilen: acht Menschen mit unterschiedlichen kirchlichen Hintergründen und Rollen. Sie sind nicht Familie, sie sind auch nicht die Nachbarin in der Kirchenbank. Sie sind Menschen, die sich mit dem Glauben beruflich beschäftigen und mit anderen im Glauben unterwegs sind. Sie stellen uns ihre Fähigkeit zur Verfügung, über die Fragen des Glaubens nachzudenken und zu reflektieren. Ihre Beiträge sollen ebenso Anregung wie Spiegel sein.

Die Beiträge nach und nach gelesen gleichen einem Kaleidoskop. Im Kaleidoskop wird unser Blick fokussiert und wir sehen schön bunte Teilchen, die zusammen ein Bild ergeben. Mit jedem Drehen entstehen neue Konstellationen und Bilder. Wer gerät beim Hineinschauen nicht ins Staunen! Selbst jene, die sich schon lange erwachsen fühlen.

Der Fokus unseres Kaleidoskops «Glauben heute» ist je eine Frage, die uns ein Quartal lang beschäftigen wird. Und weil ein Jahr vier Quartale hat, werden es vier Fragen: Wie erzählen wir über Gott? – Wie wird Gottes Gegenwart spürbar? – Wie können wir unsere religiösen Traditionen leben, ohne einfach Vergangenes zu wiederholen? – Wie wollen wir gut und verantwortlich zusammenleben?

Jede Frage ist also ein Fokus und jede Antwort unserer Autorinnen und Autoren ergibt eine persönliche Konstellation aus Erfahrungen, Erkenntnissen und Gedanken. Im Weiterdrehen der Zeit erschafft jeder weitere Text ein neues Bild, womöglich zusammengesetzt aus ähnlichen Worten und Erfahrungen und doch ganz eigen.

Eine Frage entlang des Quartals von Heft zu Heft immer wieder von einer anderen Stimme beantworten zu lassen, macht deutlich: Glaube kommt nicht von einem einzigen Menschen. Glaube ist auch nicht die eine einfache Antwort. Glaube lebt als Gemeinschaftswerk. 

Text: Veronika Jehle