International vernetzt,  politisch aktiv

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International vernetzt, politisch aktiv

Jan Probst, Geschäftsführer von «Kirche in Not Schweiz», über das Engagement des katholischen Hilfswerks.

Wenn nicht gerade Corona ist, veröffentlicht «Kirche in Not» alle zwei Jahre einen Bericht zur Religionsfreiheit. Wer schreibt ihn?

Jan Probst: Der Bericht wird von «Kirche in Not International» herausgegeben. Das ist unsere Zentrale in Königstein in Deutschland. An dem Bericht schreiben 22 Autorinnen und Autoren aus 15 verschiedenen Ländern mit. Grundlage für den Bericht sind vor allem die Analysen, die wir von unseren Partnern vor Ort erhalten. Wir haben Projekte in über 150 Ländern. Ziel des Berichts ist es, Verstösse gegen die Religionsfreiheit zu dokumentieren.

Wirkt «Kirche in Not Schweiz» auch an dem Bericht mit?

Letztes Jahr war unser Vorstandsmitglied Jacques Berset in Syrien. Vor der Pandemie war ich im Niger – das ist eines der ärmsten Länder der Welt. Wenn wir auf Projektreisen gehen, interviewen wir die Menschen vor Ort, schreiben Analysen und geben unsere Einschätzungen weiter. Diese Informationen können dann über die Zentrale in Königstein in den Bericht einfliessen.

Wie schwierig ist es, an verlässliche Daten zu kommen?

Der Austausch in einer globalisierten Welt macht die Kommunikation einfacher. Wir sind digital vernetzt und können uns schneller austauschen. Gleichzeitig müssen wir unsere Quellen schützen. Wir dürfen nicht alles veröffentlichen, was wir wissen – denn unsere Berichte dürfen niemanden gefährden. 

Was passiert mit dem Bericht in der Schweiz?

Wir haben einen grossen E-Mail-Verteiler. Wir informieren Wohltäter, Religionslehrer, Historiker und Journalisten. Wir haben in der Vergangenheit auch immer wieder Politikerinnen und Politiker eingeladen, den Bericht zu diskutieren.

Betreiben Sie auch gezielte «Advocacy», also Lobby-Arbeit ausserhalb des kirchlichen Bereichs: etwa im Bundeshaus?

In diesem Bereich wollen wir stärker werden. Wir haben in Königstein einen Kollegen, der auf EU-Ebene in Brüssel aktiv ist. «Advocacy» ist aber ein klarer Auftrag für jede Sektion von «Kirche in Not», auch für uns in der Schweiz. Wir wollen religiöse Verfolgung als Thema in den Kantonen und im Bund stärker thematisieren – und zwar über Partei- und Religionsgrenzen hinweg. Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht, das alle Menschen angeht und von allen Menschen verteidigt werden sollte.

Welches Land macht Ihnen aktuell am meisten Sorgen?

Nigeria macht mir Sorgen. Ich bin hier mit vielen Priestern und Laien verbunden. Es gibt gezielte Angriffe gegen Christen, aber auch gegen andere Religionsgemeinschaften. Dörfer werden angegriffen, Menschen werden verjagt, Mädchen entführt. Früher wurden keine Fronleichnamsprozessionen angegriffen. Jetzt nehmen solche Vorfälle leider zu.

Text: Raphael Rauch, Redaktionsleiter von kath.ch