Wenn es kreativ wird

Zusammen unterwegs? – Synodalität (Beitrag 3/6)

Wenn es kreativ wird

Konservativ? Progressiv? – Wie Traditionen in die Gegenwart übersetzt werden könnten oder sollten, darüber wird viel debattiert. 

Die vielzitierte Synodalität gewinnt derzeit sehr an Bedeutung. Neu ist sie nicht. Sie war und ist eine Voraussetzung, dass Menschen, die verschiedenster Auffassungen sind, gemeinsam weiterkommen. 

«Konservativ» und «progressiv», die beiden plakativen Begriffe, können dabei sowohl hinderlich als auch hilfreich sein. Hilfreich sind sie, wenn sie nicht ideologisch gedeutet werden. Die sinnvolle Deutung von «konservativ» ist recht einfach: Das Gute bewahren und damit dem Wertvollen aus der Vergangenheit eine Zukunft geben. Frei nach dem Wort: Ohne Herkunft keine Zukunft. Auch von «progressiv» gibt es eine sinnvolle Deutung. Sie meint sowohl Steigerung als auch Fortschritt: Beides Attribute, die für unser Menschsein unentbehrlich sind. Was wäre eine Wissenschaft ohne Fortschritt? Was wäre ein Lernen ohne Steigerung? 

«Konservativ» wird allzu gerne ideologisch gedeutet: Als eine bestimmte Geisteshaltung, die Heil fast ausschliesslich in der Vergangenheit sucht und damit der Zukunft die Dynamik raubt. So wird es gern als Synonym für Rückständigkeit gebraucht, was unbefriedigend ist. Aber auch «progressiv» wird einseitig verwendet, im Sinn von «modern» und «angepasst». Oder aber als überheblich, weil nur der oder die Progressive «zeitgemäss» sein soll. 

Diese beiden Strömungen, die konservative wie auch die progressive, stehen sich wohl in den meisten Prozessen gegenüber, die in irgendeiner Form synodal sind. Es handelt sich also nicht um ein kirchliches, sondern um ein menschliches Phänomen. Ein synodaler Prozess ist auch nicht nur etwas rein Kirchliches, sondern etwas zutiefst Menschliches. Wo immer Menschen gemeinsam etwas erreichen wollen, ist er unerlässlich. Sei es in Vereinen, in der Familie oder in anderen Konstellationen. 

Es gibt allerdings noch eine dritte Ebene, das dritte «-iv» – neben konservativ und progressiv. Nämlich: kreativ. Kreativität lässt sich nicht auf einen einzelnen Begriff einengen. Es ist nicht einfach, als «Konservativer» oder als «Progressive» zusätzlich noch kreativ zu sein. Ich müsste dazu den eigenen Garten verlassen. 

Das hier Gesagte spitzt sich zu, wenn es im Bereich des Glaubens angewendet wird. Der Glaube ist bekanntlich heilig. Und das Heilige lässt sich niemand gerne nehmen. Aber: Die lautesten Stimmen in einem synodalen Prozess sind selten die kreativsten. Sondern immer nur die konservativen oder progressiven – allerdings im zitierten ideologischen Sinn. 

Gerne bin ich jetzt etwas konservativ (nicht im ideologischen Sinne) und zitiere etwas Kreatives aus dem 17. Jahrhundert. Das Lied ist übrigens sehr bekannt: «Wer nur den lieben Gott lässt walten», nur die dritte Strophe ist es (noch) nicht. Kennen Sie sie?

Man halte nur ein wenig stille
Und sei doch in sich selbst vergnügt
Wie unsres Gottes Gnadenwille
Wie sein’ Allwissenheit es fügt
Gott der uns Ihm hat auserwählt
Der weis auch sehr wohl was uns fehlt.

Dichter Georg Neumark (1621 bis 1681) zeugt hier von jenem immensen Gottvertrauen, das auch in der gegenwärtigen Synodalität notwendig ist und bleibt. 

Text: Mario Pinggera