Machtinteressen im Hintergrund

Editorial

Machtinteressen im Hintergrund

Am Palmsonntag spielen Kinder in unseren Kirchen oft den Jubel nach: Begeisterung mit Palmwedeln, weil Jesus in Jerusalem auf einer Eselin einzieht, diesem friedlich-eigenwilligen Tier. Und dann? 

Dann kommen Erwachsene und lesen die Passionsgeschichte vor. Jesus stört, seine Botschaft bringt viele und vieles ins Wanken, er soll weg. Ein dramatisch schneller Umbruch, mitten im Familiengottesdienst.

Dieser Umbruch lässt uns eine Realität erleben, und zwar die der Interessen im Hintergrund. Die Menschen guten Willens – sozusagen im Vordergrund – dürfen sich ruhig freuen, «das Volk» mag seine Freude haben an Ehrlichkeit, Redlichkeit und offener Machtkritik. Man darf auch gerne träumen, dass diese Erde und unser Zusammenleben besser sein könnten, fairer, gerechter und friedlicher. Und dann gibt es jene Menschen mit ganz anderen, ganz eigenen Interessen. 

Interessanterweise wirkt es oft so, als wären sie im Hintergrund, verborgen fast, und würden erst an einem bestimmten Punkt nach vorne treten. Auch in der Inszenierung der Lesungen vom Palmsonntag scheint sie «plötzlich» vorzutreten, die Macht der Mächtigen. Dabei waren sie immer da und eigentlich offensichtlich: die Interessen des Machterhalts. 

Wer am dramatischen Wendepunkt überhaupt nicht überrascht zu sein scheint, ist Jesus. Er versuchte den Blick seiner Follower schon länger auf die Brutalität der Zusammenhänge zu lenken: Sie werden mich töten, sagt er ihnen. Ostern findet mitten in dieser Wirklichkeit statt.

Text: Veronika Jehle