Von Unbekannten und Neulingen

Zusammen unterwegs? – Synodalität (6/6)

Von Unbekannten und Neulingen

Wenn Synodalität heisst, gemeinsam einen Weg zu gehen, dann ist auch mit überraschenden Weggefährtinnen und -gefährten zu rechnen. 

Im Neuen Testament sind diese nämlich bezeugt: In Lukas 24,13–35 lesen wir von zwei Jüngern, die Jerusalem Richtung Emmaus verlassen, weil sie nicht recht verstehen können, was das leere Grab bedeutet. Da gesellt sich der Auferstandene dazu, ohne sich vorzustellen, und erläutert ihnen die Heilige Schrift. Der Weg, auf dem die Jünger weglaufen wollten, wird dadurch zu einem Lehrpfad, der sie Schritt für Schritt in den Glauben führt. Besiegelt wird das im gemeinsamen Brotbrechen, bei dem sie endlich erkennen, wer da mit ihnen unterwegs war. Sofort kehren sie nach Jerusalem zurück. Auch wenn sie am Ende wieder dort sind, wo sie aufgebrochen sind – die Emmaus-Jünger sind keineswegs im Kreis gelaufen. 

Wäre Lukas ein Drehbuchautor, könnte man meinen, dass er in seinem Staffelfinale – wenn ich das letzte Kapitel seines Evangeliums einmal so nennen darf – Fäden für eine mögliche Fortsetzung auslegt. Seine nächste Staffel heisst dann «Apostelgeschichte». Sie ist übervoll von Weg- und Reiseerzählungen. Es gibt sogar eine neue Episode mit einem überraschenden Weggefährten. Diesmal ist es der Apostel Philippus, der einem ratlosen Bibelleser aus Äthiopien die Schrift erklärt. Dies endet dann nicht im Brotbrechen, sondern darin, dass sich der äthiopische Mann taufen lässt (Apostelgeschichte 8,26–39). 

«Typisch reformiert»? Im Nachdenken über gemeinsames Unterwegssein – also über Synodalität – bin ich bei biblischen Texten und bei den beiden Sakramenten Abendmahl und Taufe gelandet. Aber: Tragen nicht genau diese drei Traditionen – die Bibel, das von Jesus gestiftete Mahl und die Taufe – den christlichen Glauben seit 2000 Jahren, wenn auch in durchaus unterschiedlichen Erscheinungsweisen? 

Die Unterschiede zwischen den Kirchen schrecken mich nicht, und da ist Lukas für mich der perfekte Weggefährte: Er erzählt von Irrwegen und Umwegen, und Wege dürfen zuweilen auch auseinandergehen. Lukas berichtet das auch vom umtriebigsten Reisenden der neutestamentlichen Zeit, also von Paulus. Und indem Lukas erzählt, wie die Verbreitung des Evangeliums verschiedene Wege nimmt, bezeugt er uns die Vielstimmigkeit des Christentums schon in frühester Zeit. Gemeinsam unterwegs zu sein, hat nichts mit Gleichschritt zu tun, sondern mit Aufbruch und mit der Offenheit dafür, begleitet zu werden.

Text: Christine Stark