Nicht verzagen

Erinnerung

Nicht verzagen

Am 12. Juni ist Franz Stampfli im Alter von 86 Jahren gestorben. Er war über Jahrzehnte hinweg eine prägende Gestalt in der Zürcher Kirche. Eine Würdigung von Josef Annen.

Am Sonntag ist in Zürich Domherr Franz Stampfli im Alter von 86 Jahren gestorben. Ob als Seelsorger, im Generalvikariat, Informationsbeauftragter des Bistums oder Domherr: er blieb bodenständig und war eine prägende Persönlichkeit für die katholische Kirche im Kanton Zürich

«Nicht verzagen, Franz Stampfli fragen», haben wir uns im Generalvikariat jeweils gesagt, wenn es zu wissen galt, wie es denn damals in der katholischen Kirche gewesen war. Bei Franz waren wir an der richtigen Adresse und erhielten nicht selten auch noch die passende Anekdote dazu geliefert.

Franz Stampfli wurde 1935 in der Stadt Zürich geboren, hat sich mit Freude am Leben seiner Heimatpfarrei beteiligt und fand über die Kantonsschule Rämibühl früh Zugang zu anderen Weltanschauungen. So ist aus Franz Stampfli geworden, was einen typischen Zürcher Katholiken ausmacht: Verwurzelt im eigenen Glauben und offen für andere Überzeugungen. Die Liebe zur eigenen Kirche und die Zuwendung zur Welt hat dem jungen Priester Türen geöffnet.

Nach dem Theologiestudium in Innsbruck und Chur machte er erste Seelsorgeerfahrungen als Vikar in Liebfrauen Zürich und als Pfarrer in Affoltern am Albis. Begeistert erzählte er auch später noch von damaligen ökumenischen Kontakten in der Pfarrei- und der Armeeseelsorge.

«Nicht verzagen, Franz Stampfli fragen», dachte sich wohl auch Generalvikar Hans Henny, als er ihn 1973 als Mitarbeiter ins Generalvikariat Zürich holte und ihm die Kategorialseelsorge anvertraute. Im Element war Franz Stampfli in der Migrantenseelsorge. Hier hat er Pionierarbeit geleistet, nationale und internationale Kontakte geknüpft und die anderssprachige Seelsorge aufgebaut. Dank seiner Sprachenkenntnis fand er leichten Zugang zu den Herzen der Gläubigen.

Weitere Aufgaben kamen hinzu: Franz Stampfli war 20 Jahre lang Informationsbeauftragter des Bistums Chur, amtsältestes Mitglied des Churer Domkapitels, vertrat die Katholische Kirche im Zürcher Forum der Religionen, war Präsident der Stiftung Don Bosco Walterswil und als solcher regelmässig zur Sonntagsaushilfe in der Kirche Walterswil bei Baar.

Ab 1994 war er für zehn Jahre Pfarrer in St. Peter und Paul Zürich. Mit besonderer Freude war er bei Tunneldurchstichen dabei. Es gibt kaum einen im Kanton Zürich, bei dem Franz Stampfli nicht im Kreis der Bauarbeiter und Ingenieure die heilige Barbara als Schutzpatronin angerufen hat, das letzte Mal bei der Feier der Zürcher Durchmesser-Linie.

«Nicht verzagen, Franz Stampfli fragen», war auch das Motto vieler Pfarrer und Gemeindeleiterinnen, wenn sie auf der Suche nach einer Aushilfe waren. Wenn immer möglich, erhielten sie die Antwort: «Ja, ich komme.» Solange es die Gesundheit erlaubte, war Franz Stampfli unterwegs, übernahm die Pfarradministratur in Herrliberg und Wollishofen und war zur Stelle, wenn ihn Trauerfamilien um den letzten Seelsorgedienst baten. Immer wieder hat er mit den Gläubigen gebetet: «Deinen Tod, oh Herr, verkünden wir und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.» 

Mit seinem eigenen Tod hat sich für Franz Stampfli erfüllt, was er so oft gebetet hat: Gott selbst ist bei ihm angekommen und hat ihn in seine Herrlichkeit aufgenommen.

Text: Josef Annen, von 2009 bis 2020 Generalvikar für Zürich und Glarus