Caffè Borbone und  Maria Ausiliatrice

Portrait

Caffè Borbone und Maria Ausiliatrice

Die Pfarrei «Don Bosco» ist für Italienisch Sprechende in der ganzen Stadt Zürich zuständig. Welcher Kaffee wichtig ist und wie Feste gefeiert werden, lernte der neue Pfarrer Fulvio Gamba schnell.

Hell und angenehm kühl wirken die hohen, weiss gestrichenen und einfach eingerichteten Räume der «Missione Cattolica di Lingua Italiana Don Bosco», wo Fulvio Gamba seit zwei Jahren als Pfarrer wirkt. Der drahtige 63-Jährige kommt gerade vom morgendlichen Training und bietet im Pausenraum einen Kaffee an. «Natürlich muss es Caffè Borbone sein, ein typisch nea-politanischer Kaffee, mit der entsprechenden Maschine – das habe ich hier als Erstes gelernt», schmunzelt er.  Als «Secondo» – seine Eltern sind vom Val Seriana nahe Bergamo ausgewandert –kann er sich gut in die Pfarreiangehörigen einfühlen, die der zweiten oder dritten Generation von Eingewanderten angehören – während andere als hochqualifizierte Expats gerade eben in Zürich angekommen sind. «Wir haben viele Banker oder Architektinnen», erzählt Gamba. «Fast alle haben in Italien eine gute Erfahrung mit der Kirche gemacht, vor allem wenn sie aus städtischen Gebieten kommen.» Neu angekommen, fühlen sie sich zuerst ein wenig verloren und suchen daher den Anschluss bei der «Missione». «Aber sie wollen sich auch engagieren. Viele haben in ihrer Pfarrei in Italien bereits als Freiwillige mitgemacht.» So wolle ein Chemieprofessor, der in Zürich wohnt und an der Universität Fribourg Vorlesungen hält, zusammen mit seiner Familie in Don Bosco Zeit für die Gemeinschaft zur Verfügung stellen.  

 

Fünf Gottesdienste pro Wochenende

Diese bunte Mischung von Menschen zeigt sich auch im Gottesdienst. Es ist Dienstagabend, vor dem Gottesdienst wird der Rosenkranz gebetet, und nicht nur typische ältere «Italiani» sind hier. Junge Männer und Frauen in Anzügen und eleganten Kleidern huschen in die Kirche, ein paar nach Gottesdienstbeginn, wohl direkt von der Arbeit kommend. Es ist das Fest «Maria Ausiliatrice»: Maria, Hilfe der Christinnen und Christen. Die feierliche Messe, von Oboe und Orgel begleitet und mit Weihbischof Marian Eleganti, besuchen gut 50 Leute. «Weniger als sonst, weil Auffahrt vor der Türe steht und viele deshalb schon bei ihren Verwandten in Italien sind», sagt Gamba. Am nächsten Sonntag wird das Fest dann noch offiziell als Pfarreifest begangen. «Es wäre unmöglich, nicht auch schon heute zu feiern – obwohl Werktag ist», erklärt Gamba. Doppelte Arbeit für den Pfarrer, der zwei Anlässe organisieren muss. So wie er auch am Wochenende fünf Gottesdienste feiert – nebst den üblichen in Don Bosco auch noch je zwei Familiengottesdienste für die Kinder, die am Samstag und Sonntag in die Katechese kommen, und für ihre Eltern – und dem Gottesdienst in Oerlikon, wo seit jeher eine italienische Messe gefeiert wird und die älteren Menschen Mühe hätten, dafür in die Innenstadt nach Don Bosco zu fahren. «Das ist eigentlich fast nicht zu bewältigen», bemerkt Gamba, der hofft, bald einmal einen Vikar bewilligt zu bekommen. Denn auch unter der Woche ist er voll beschäftigt: «Ich wünschte mir schon mit der Zeit etwas weniger als einen 16-Stunden-Tag.»

Raum für Kinder

Umso mehr freut er sich über die soeben bewilligte 40-Prozent-Arbeitsstelle für Jugendarbeit. 50 bis 60 Kinder und Jugendliche besuchen hier den Religionsunterricht in verschiedenen Klassen, der von vier freiwilligen Katechetinnen und einem Katecheten unentgeltlich gehalten wird. «Das heisst aber keineswegs, dass diese nicht ausgebildet wären. Sie sind theologisch sehr vif», sagt Gamba. Grundsätzlich befürwortet Gamba, dass die Kinder in ihren Schweizer Pfarreien in den Unti gehen. Doch gerade die hochqualifizierten «Expats» würden in der Firma oft englisch reden und die Kinder in Privatschulen schicken. «Somit sprechen sie gar nicht Deutsch, und daher wollen die Eltern die Kinder bei uns in den Unti schicken.» 

Bereits jetzt ist es so, dass all diese Kinder nebst den Katechese-Stunden auch Freizeit in der Missione verbringen, im sogenannten «oratorio». Der Begriff stammt vom lateinischen «oratorium» und bedeutet «Bethaus» – bezeichnet aber in italienischen Pfarreien den Jugend- und Kindertreffpunkt. «Und da gehören normalerweise ein Fussballplatz und sonstige Aussenbereiche zum Spielen dazu», sagt Gamba. «Leider hat man es verpasst, den Platz neben der Missione dazuzukaufen.» Der Blick aus dem Fenster zeigt: Nun ist nur ein Parkplatz übrig geblieben. Doch Don Fulvio wird sich dafür einsetzen, dass zumindest der halbe Parkplatz zeitweise frei wird für die Kinder der Missione. Denn diese kommen aus dem ganzen Stadtgebiet, und die «mamme italiane» seien eher ängstlich und liessen die kleineren Kinder nicht allein durch die Stadt fahren, erklärt Gamba. Daher findet der Religionsunterricht auch am Wochenende statt, wenn die Eltern Zeit haben, sie zu bringen. Mit dem neuen Jugendarbeiter sollen verstärkt Workshops und Freizeitangebote dazukommen, damit sich der teilweise lange Weg bis zur Missione nicht nur für eine Stunde, sondern gleich für mehrere lohnt und «die Kinder in der Pfarrei beheimatet werden». 


Lebensfragen mit Spiritualität verbinden

Auch Erwachsene und ältere Menschen kommen nicht zu kurz. Nebst Ehe- und Taufvorbereitungskursen und kulturellen Anlässen gibt es Erwachsenenbildungsabende zu Steuerfragen, Pensionskasse, Gesundheitsfragen oder Vor-sorge im Alter, und fast jeden Nachmittag sind Seniorinnen und Senioren im Haus, singen im «Coro Romantico» oder treffen sich bei Caffè und Kuchen zum Plaudern. «Unser Sozialarbeiter verbindet konkrete Lebensfragen mit Spiritualität, das ist sehr wertvoll», betont Gamba. 

Zwei junge Familien haben mit einem monatlichen Eltern-Kind-Treff begonnen, jeweils am Samstagabend, mit einem spirituellen Impuls und Austausch zu einem Familienthema, während die Kleinen spielen. «Und dann essen wir alle zusammen Pizza», freut sich Don Fulvio über die Initiative dieser Familien. Und verrät, dass er von einem zweisprachigen, deutsch--italienischen Kindergarten träumt, der in der Missione beheimatet wäre – natürlich mit in der Schweiz anerkannten Lehrpersonen. 

Text: Beatrix Ledergerber