Vom Geheimnis der Sandburg

Editorial

Vom Geheimnis der Sandburg

Am Strand werde ich wieder den Kindern zuschauen, wie sie Burgen bauen. 

Etwas Sand, etwas Wasser, viel Fantasie – und die kleine, neue Welt muss nur noch bespielt werden. Spätestens wenn die erste grosse Welle anrollt und das Gebaute bedroht, kann das Abenteuer beginnen.

Kinder stecken sich ihren Spiele-Kosmos ab, im Universum eines schier endlos langen Strandes. Erwachsene tun es ihnen gleich. Sie positionieren ihren Sonnenschirm und ihre Badeliege. Genau das meine ich allerdings nicht. Ich meine: Erwachsene könnten es den Kindern gleichtun. Ich denke an die Fantasie. Und an die Möglichkeit, etwas Neues zu erschaffen, wo nichts war.

Es gab Zeiten, da bauten sie zum Beispiel Kathedralen. Wunderbare Räume, um dem Unfassbaren ein Dach und einen Ausdruck zu geben. Ich freue mich sehr darauf, in den Ferien unbekannte Kirchen zu betreten, Häuserzeilen, Strassenzüge, Architektur und Gebautes zu sehen, mit neuen Augen. Und wahrzunehmen: Es ist so vieles möglich und es geht auch ganz anders.

Burgen aus Sand sind wunderbar vergänglich. Am nächsten Tag bauen die Kinder mit demselben Material etwas ganz Neues. Was wir Erwachsene beginnen und vollbringen, scheint uns oft unendlich ewig zu sein. Ist es aber nicht. Und müsste es auch nicht sein. In der Fantasie ist weiterhin (fast) alles möglich. Und die Realisierung wäre oftmals bloss eine Entscheidung weit entfernt.

Text: Veronika Jehle