Von A(rabien) bis Z(ürich)

Porträt

Von A(rabien) bis Z(ürich)

Der neue Synodalrat Martin Stewen war fünf Jahre als Seelsorger in Abu Dhabi und ist seit 2020 Vikar in St.Peter und Paul Zürich. Damit ist er gut gerüstet für sein Ressort Migrantenseelsorge.

«Ich war immer ein Mensch des Pastoralen, von Verwaltung habe ich wenig Ahnung», räumt Stewen, etwas demütig, ein. So fragte er überall nach – in seiner Pfarrei, beim Dekan von Zürich – um vor seiner Wahl zum Synodalrat eine Frage beantworten zu können: Kann ich das überhaupt? Stewen nahm die Herausforderung an. Sein Wunschressort war von Anfang an die Migrantenseelsorge. Nach den ersten Wochen im Amt ist klar: «Auch in der Verwaltung geht es als Erstes um die Menschen in den Missionen.» 

«Melting Pot» Arabien

Fünf Jahre lebte Stewen am Bischofssitz von Paul Hinder in Abu Dhabi, erlebte dort den Papstbesuch und viele Begegnungen mit Katholikinnen und Katholiken aus aller Welt, besuchte die Gemeinden, um dort Grundlagen für Katechese und Bildung zu legen. «Reibereien sind das tägliche Brot. Verschiedene Gruppen wollen sich positionieren. Die ältere Generation möchte zurück nach Hause, die Jungen wollen bleiben und kennen ihr Heimatland gar nicht.» Die Katholikinnen und Katholiken in Arabien stammen aus den Philippinen oder Indien. «Ein Melting Pot (Schmelztiegel)», so Martin Stewen. «Das gibt es hier im Kanton Zürich im Kleinen ganz genauso, ebenso die Fluktuation und Volatilität.» 

In Arabien lebte Stewen erstmals in einer Kommunität: mit festen Gebetszeiten, einem kleinen Einzelzimmer und gemeinsamen Mahlzeiten. «Nach 20 Jahren, in denen ich allein in einer Wohnung lebte, ging dies viel besser, als ich dachte: Da steckt eine Botschaft für mich drin», schmunzelt er. Besser als erwartet gelang ihm auch der Umgang mit den heissen Temperaturen von bis zu 50 Grad und Englisch als Alltagssprache. «Mein Englisch ist wirklich nicht brillant, und ich schwitze sehr schnell. Freunde haben sich über den Schritt nach Arabien gewundert», gesteht Stewen. Aber der Wunsch, den er für sich einst formuliert hatte nach einer «hervorragenden Zeit» in der Pfarrei Embrach, war klar: «Ich möchte mal weg.» 

Zurück zu den Wurzeln

2001 erhielt der gebürtige Deutsche, den es durch die Vermittlung eines Studienkollegen in die Schweiz gebracht hatte, die Priesterweihe – in der Mutterkirche St.Peter und Paul Zürich, wo er heute wieder wirkt. Ebenfalls «altbekannt» ist für Stewen der Gottesdienst zur «Gay Pride» Zürich, den er diesen Juni geleitet hat: «2004 habe ich das zum ersten Mal angeboten. Die Community ist interessiert an Kirche, wir müssen einfach ins Gespräch kommen und präsent sein. Es gibt keinen Grund, sich zu drücken.» Wichtig für ihn: Der Gottesdienst sollte in einer Kirche stattfinden, damit klar ist, wer diesen veranstaltet. «Natürlich haben auch Leute gesagt: Wie kannst du? Aber da muss man durch. Es waren immer sehr fruchtbare Begegnungen.»

Um als Synodalrat auf Neues zuzugehen, hilft Stewen seine Ausbildung zum Supervisor. Er hört hin, schaut, was auf ihn zukommt, und denkt den Hintergrund des Gegenübers mit – in der Haltung der kritischen Distanz. Stewen: «Ich finde es sehr interessant und herausfordernd, hier Verantwortung zu übernehmen. Aber eine politische Agenda möchte ich gemeinsam mit dem Leitungsgremium der Migrantenseelsorge entwickeln. Vor Ort wird bereits exzellente Arbeit geleistet.» 

Text: Kerstin Lenz, freie Mitarbeiterin