Einfache Worte

Editorial

Einfache Worte

Einer meiner Brüder heisst Benedikt. Er trägt den Segen im Namen, denn das lateinische Wort für segnen heisst benedicere. Und wörtlich übersetzt bedeutet das «Gutes sagen».

Mit dem Segnen ist es also – eigentlich – ganz einfach. Ich schenke einem Menschen ein gutes Wort. Ich heisse ihn gut.

Jesus ist ein Meister einfacher Worte. Von ihm stammt immer noch die kürzeste und schlichteste Beschreibung dessen, was im Gottesdienst geschieht, geschehen sollte: «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.» Der ganze Rest ist schlicht und unverblümt gesagt: Beigemüse. Hoffentlich köstlich und nahrhaft. Aber: Beigemüse. Sogar das Wort «Eucharistie» verlangt etwas ganz Schlichtes. Es bedeutet übersetzt «Dankbarkeit».

Ist es wirklich so einfach? Natürlich ist es das nicht! Aber ich habe das starke Gefühl, dass für die Kompliziertheit nicht der liebe Gott, sondern wir Menschen verantwortlich sind. Wir wollen es – und davon berichtet bereits die Bibel ausführlich –, wir wollen es ganz genau wissen und verstehen. Und dann wollen wir uns von anderen abheben, die vermeintlich weniger wissen und weniger verstehen.

Ich bin wohl naiv. Aber ich bin es gerne, solange es mir wirklich gelingt, dem Wort zu entsprechen, das über das Französische aus dem Lateinischen zu uns gekommen ist, denn «naiv» bedeutet «angeboren». Und schon kommt mir ein weiteres dieser einfachen Worte von Jesus in den Sinn: «Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen.»

Einfache Worte werfen keine grossen Schatten, in denen man sich verstecken kann. Sie mögen naiv sein, aber sie sind nicht einfältig. Kompliziert werden die Dinge von selbst, für die Einfachheit muss ich mich anstrengen. Und gerade weil wir sie alle verstehen, sind einfache Worte die anspruchsvollsten Worte überhaupt. Sie richten ihren Anspruch direkt und unverhüllt an mich.

Ich möchte liebend gerne so segnen und so Eucharistie feiern, wie es ursprünglich gemeint ist: Mit guten Worten und voller Dankbarkeit.

Text: Thomas Binotto