Dialog «stinkt» manchmal

Bericht aus dem Vatikan

Dialog «stinkt» manchmal

«Franziskus als Friedenspilger», so hat sich Papst Franziskus auf seiner Reise nach Kasachstan selbst definiert. 

Vom 13. bis 15. September war das katholische Kirchenoberhaupt in das zentralasiatische Land gereist, um an einem grossen Friedensgipfel teilzunehmen, an dem Vertreter verschiedener Religionen teilgenommen haben. 

Gerade in der jetzigen Zeit, in der in der Ukraine weiterhin der russische Angriff tobt und der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan wieder aufflammt, will der Bischof von Rom nicht nur Zeichen setzen. In der kasachischen Hauptstadt Nur-Sultan hat Franziskus einmal mehr gezeigt, dass der Dialog darin besteht, die «Anderen» zu treffen, mit ihnen zu sprechen und vor allem ihnen zuzuhören. 


Bezug auf Kurt Koch

Es sei ein Armutszeugnis, dass gerade der Krieg im Osten Europas zwischen Christen geführt werde, hatte Kurt Koch, Schweizer Kurienkardinal und Ökumene-Verantwortlicher des Vatikans, gesagt. Deshalb nahm sich Franziskus in Kasachstan auch Zeit, mit dem Vertreter der russisch-orthodoxen Kirche unter vier Augen zu sprechen. 

Die Reise nach Kasachstan verfolgte zwei Ziele: Das eine war der Kongress der Religionsführer, das andere war der Besuch bei der kleinen katholischen Gemeinschaft Kasachstans. Das eine war also ins Weltweite gerichtet, gross, international und aufwändig und hatte auch eine starke friedenspolitische Konnotation, das andere ging ins Familiäre, in die kleine katholische Herzkammer des Landes. 


Dinge können sich ändern

Unter diesem weiten Himmel von Kasachstan – es ist ein ganz flaches, weites Land, der Himmel ist da immer irgendwie gross im Bild – hat seit 20 Jahren ein interreligiöses Event Fuss gefasst, das ein ehrgeiziges Ziel hat. Vielleicht kann da auch die im Vergleich zu Kasachstan viel kleinere Schweiz etwas daraus lernen: Wie wäre es, wenn man in Zürich ein Treffen von Religionsführenden durchführen würde? Da wäre bestimmt auch Franziskus dabei. 

Während in Kasachstan die wirtschaftliche Entwicklung aus religiöser Sicht gerade für weniger entwickelte Länder gelobt wurde, würde der Papst in einem hypothetischen Zürcher Treffen von Religionsführerinnen und -führern das gefährliche konsumorientierte Wirtschaftsgebaren anprangern. 

Und was der Papst in Kasachstan sowohl den anderen Religionsführern als auch der kleinen, katholischen Gemeinschaft ans Herz legte, würde er auch in Zürich wiederholen: «Im Dialog gibt es immer die Möglichkeit, dass sich Dinge ändern, dass man auch andere Ansichten vorbringt. Ich schliesse den Dialog mit keiner Macht aus – ob sie im Krieg steht oder ob sie der Angreifer ist. Solcher Dialog ist nötig: Er stinkt sozusagen, aber er ist nötig.»

Text: Mario Galgano