Vor uns scheint der Regenbogen

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Vor uns scheint der Regenbogen

Vertreterinnen und Vertreter verschiedener christlicher Kirchen ermutigten zur Hoffnung und Optimismus. Sie trafen einander am Bodensee-Kirchentag, der am 17. und 18. September in Schaffhausen stattfand.

Seit Jahrhunderten streiten sich Katholiken und Protestantinnen über die Transsubstantiation. Also über die Frage, ob Brot und Wein tatsächlich zu Leib und Blut Christi werden – oder ob die Abendmahlsfeier nur an Jesu Mahl mit den zwölf Jüngern erinnert.

Was selbst Dogmatikerinnen und Kirchenrechtler nur schwer erklären können, bringt der bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm in Schaffhausen auf den Punkt: «Mein Freund Kardinal Reinhard Marx sagt: Wenn wir zusammen Eucharistie feiern, verschwindet dann Gott, wenn ein Protestant am Altar steht?»

Am Wochenende hat in Schaffhausen der ökumenische Bodensee-Kirchentag stattgefunden. Es war ein Fest des Glaubens – und der gelebten Ökumene. Heinrich Bedford-Strohm sagte am Sonntag auf die Frage, warum sie nicht gemeinsam Abendmahl gefeiert hätten: «Auch ohne Abendmahl hatten wir einen richtigen Gottesdienst. Gott ist mitten unter uns.» Es gebe keine Gottesdienste erster und zweiter Klasse.

Auch wehrte sich Heinrich Bedford-Strohm gegen Untergangsszenarien, die gerade von Christinnen und Christen gerne gepflegt würden. «Wir sollten den Niedergang nicht herbeirufen. Wir sollten auch nicht zu sehr an die Zukunft denken. Sondern ans Heute»»», sagte Heinrich Bedford-Strohm. «Krisen gibt’s genug! Doch die Welt geht nicht den Bach runter!»

Auf die Frage des Kirchentag-Mottos «Nach uns die Sintflut?» antwortete der ehemalige EKD-Ratsvorsitzende: «Nein! Hinter uns die Sintflut! Vor uns scheint der Regenbogen!»


Schweiz ist weiterhin christlich geprägt

Auch die Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz, Rita Famos, versprühte Optimismus. Auch wenn die Kirchenaustritte zunehmen, sei die Schweiz nach wie vor ein christlich geprägtes Land. 

Wegen des Klimawandels rief Rita Famos zum Handeln auf. Anders als in der biblischen Noah-Geschichte fürchteten die Menschen in der Schweiz «weniger die Wasserflut als die Hitzewelle». Waldbrände und schmelzende Gletscher seien Alarmsignale, die nicht übersehen werden dürften: «Viele sehen unseren Planeten in Lebensgefahr.»

Manche sehen aufgrund des Missbrauchsskandals die katholische Kirche mitten in einer Sintflut. «Es geht darum, die Arche zu bauen und die gleiche Hoffnung zu entwickeln, die auch Noah hatte», sagte Matthäus Karrer. Er ist Weihbischof der Diözese Rottenburg-Stuttgart, des Schweizer Nachbarbistums am anderen Bodenseeufer.


Einladung zum Synodalen Weg

Matthäus Karrer berichtete über den Synodalen Weg in Deutschland: «Auf der einen Seite fallen uns Reformen im Bereich der Sexualmoral schwer. Auf der anderen Seite gab’s auch Positives, wenn es darum geht, die Stellung der Frau in der katholischen Kirche fundamental neu zu betrachten und die Einladung von Franziskus anzunehmen, einen Synodalen Weg zu gehen.» Das seien für ihn «Hoffnungszeichen, auch wenn das Wasser schon bis zur Kinnlade steht».

Auch der Bischof der Schweizer Christkatholiken, Harald Rein, rief zu Optimismus auf – wenngleich seine eigene Kirche vor grossen Herausforderungen stehe. Wenn einzelne Katholikinnen und Katholiken zur christkatholischen Kirche konvertierten, ändere das nichts daran, dass auch hier die Mitgliederzahlen zurückgingen.

Heinrich Bedford-Strohm erinnerte an den Ökumenischen Kirchentag 2021 in Frankfurt, wo das Papier «Gemeinsam am Tisch des Herrn» mit Leben gefüllt worden sei: «Protestanten sind bei Katholiken zur Kommunion gegangen und umgekehrt. Der heutige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, hat das Papier offiziell unterschrieben – und Rom hat es zur Kenntnis genommen.» Heinrich Bedford-Strohm rief zu mutigen Zeiten gelebter Ökumene auf. Auf den Punkt gebracht: mehr Regenbogen, weniger Sintflut.

Text: Raphael Rauch, kath.ch