Nachdenken über das einzig Sichere

Portrait

Nachdenken über das einzig Sichere

Ben Gasser hat sich in seiner Maturarbeit mit dem Tod, der Angst davor und dem Sinn des Lebens auseinandergesetzt.

«Ich bin schon als Kind gern durch den Friedhof Nordheim spaziert», erklärt Ben Gasser, Maturand am Freien Katholischen Gymnasium Zürich. Später seien innerhalb weniger Jahre einige Verwandte gestorben, und er habe seine Mutter an deren Beerdigungen begleitet. «Ich habe mich gefragt: Was ist der Tod? Und was ist das Leben?» Als dann sein Grossvater starb,  ging es nicht mehr nur um ein Nachdenken über die Geheimnisse von Tod und Leben, sondern auch um den Verlust eines lieben, sehr nahestehenden Menschen.  

Schon als Kind hat sich Ben Gasser schreibend mit seinen grossen Fragen auseinandergesetzt. «Ich dachte sogar, ich muss gar nicht in die Schule gehen, ich schreibe stattdessen Bücher», erzählt er schmunzelnd. In die Schule ging er dann trotzdem, aber Bücher schrieb er auch: Krimis, Romane und Science-Fiction. «Ich überlege kein Konzept oder Erzählstrang. Wenn ich ein grobes Thema im Kopf habe, schreibe ich einfach drauflos. Die Geschichte entsteht im Schreiben.»

So verwundert es nicht, dass seine Maturaarbeit mit 40 Seiten eher an der oberen Grenze des üblichen Umfangs ist – und auch das Thema «Der Tod – die Angst und mein Umgang damit» sei seinem Betreuer Markus Rentsch bisher noch nie untergekommen. Das erste Kapitel befasst sich mit «Tod und Religion». Sein Vater ist reformiert, seine Mutter katholisch. Ihren Sohn wollten sie nicht in eine bestimmte Konfession drängen und überliessen ihm die Wahl. Mit 15 Jahren entschied er sich zur Taufe in der reformierten Kirche. Jedoch versteht er seine Religiosität sehr offen: «Ich bezeichne mich als christlich geprägt und spirituell interessiert», erklärt er. 

 
Wie geht es weiter?

Daher vergleicht er auch den Umgang mit dem Tod im Christentum und im Buddhismus. «Gerne hätte ich mich auch mit anderen Religionen beschäftigt, aber das hätte den Umfang gesprengt», sagt er. Wichtig war ihm auch das Thema «Tod und Psychologie», insbesondere die Angst vor dem Tod und die dadurch geweckte Frage nach dem Lebenssinn. «Ich habe gemerkt, dass meine Arbeit auch eine Realitätsflucht war», führt Ben Gasser aus. Denn er sei sehr unsicher, was er nach der Matura machen wolle und wie er sein Leben in Zukunft gestalten möchte. Da sei das Nachdenken über das einzig Sichere – den Tod – wohl auch ein Stück weit Ablenkung gewesen. Aber er habe auch gemerkt, dass das Bewusstsein des unausweichlichen Todes hilft, sich bewusst auf die Suche nach dem Sinn des Lebens zu machen. 

Und er hat herausgefunden: «Wenn ich meine Sterblichkeit (...) akzeptieren kann, kann ich alles andere auch viel leichter annehmen. Diese persönliche Erkenntnis verleiht mir enorm viel Kraft. Die Vergänglichkeit hat mich gelehrt, mehr auf mich selber zu hören. Ich bin mir bewusst geworden, wie wertvoll die Zeit ist und wie wichtig es demnach ist, sich in dieser begrenzten Zeit selber zu verwirklichen und Erfüllung anzustreben.»

Text: Beatrix Ledergerber