Den Flow unterbrechen

Editorial

Den Flow unterbrechen

Die Stimmung war gerade richtig gut. Die Sängerin hatte ihre ersten Songs performt, bloss ihre Gitarre in der Hand und ihre tolle Stimme dazu.

Sie sang von Frieden, Verbundenheit und Liebe. Wir Zuhörenden liessen uns mitnehmen. Begeisterung machte sich breit, Erste waren von ihren Plätzen aufgestanden, um zu tanzen. Da stellte sie plötzlich ihre Gitarre beiseite.

Sie wisse nun auch nicht, wie es an dieser Stelle weitergehen würde, sagte sie. Das Publikum stutzte. Sie wollte einfach mal «den Flow» unterbrechen, sagte sie. Da lag etwas wie Enttäuschung im Raum – und Ungeduld. Waren wir dafür zu Yael Deckelbaum gekommen, der Sängerin und Friedensaktivistin mit der aussergewöhnlichen Energie? Sie liess Stille entstehen, sprach ein paar Worte und sagte, sie hätte diese nicht vorbereitet. Sie sagte, sie wisse schon, wie sie «das perfekte Konzert» liefern könne, was die Leute von ihr erwarteten: «DJ der Herzen» zu sein, nannte sie das.

An einer anderen Stelle, sie war längst wieder am Singen – und die Stimmung war gerade richtig gut –, brach sie erneut ab, diesmal mitten in einem Song. Sie merke, dass etwas nicht stimme, sagte sie atemlos und nahm ein Tuch, um sich ihr Gesicht zu trocknen. Wieder nahm sie sich einen Moment Zeit. Es wurde ein anderer Song daraus. Mit einer anderen Kraft.

Natürlich kamen wir schlussendlich auf unsere Rechnung: Es wurde getanzt. So was von getanzt. – Mit einer anderen Kraft.

Yael Deckelbaum «Women of the World United»
Text: Veronika Jehle