... es braucht doch ein Dorf

Leben in Beziehung

... es braucht doch ein Dorf

Als ich vor der Geburt meiner Tochter noch Essen vorgekocht habe und dieses für die ersten Wochen nach der Geburt einfror, fühlte ich mich so richtig organisiert und gut vorbereitet.

Die Babykleider waren gewaschen, der Ratgeber gelesen und die Spitaltasche fast fertig gepackt. Kurze Zeit später wurde ich eines Besseren belehrt. Nichts an den ersten Wochen mit einem Neugeborenen zu Hause ist einfach oder lässt sich auch nur im Ansatz gut vorbereiten.

Im Spital selbst fühlte sich für mich das Leben an wie in einer Schneekugel. Ich erlebte alles gut geordnet, alles hatte seinen eigenen Platz und selbst wenn ein unerwartetes Schütteln die Sicht etwas trübte, legte sich das Schneegestöber doch bald wieder und dann war alles unverändert. Die Hebammen waren Tag und Nacht für mich da, konnten mit Ratschlägen weiterhelfen, mit Erfahrung beruhigen und mit ihrem Kinderdienst für erholsame Nächte sorgen. Ich musste weder Babykleider waschen noch für mich kochen und hatte plötzlich das Gefühl, dass auch wir das mit dem Baby hinkriegen.

Dann kommt die Entlassung aus dem Spital und die erste Autofahrt mit einem Baby. Sobald man zur Haustür reinkommt, steht die Realität erwartungsvoll da und die Schneekugel liegt zerbrochen auf dem Boden. Ohne unser Dorf wären die nächsten Wochen für uns nicht möglich gewesen. Nun braucht es die eigene Mutter, die kommt und mal abwäscht und beim ersten Einkauf hilft. Die Schwester, die mit Cupcakes und Ratschlägen vor der Tür steht, oder die Tante, die mit dem Kind spazieren geht und mir so Zeit zum Haarewaschen verschafft.

Eine der grössten Hilfen war die Hebamme, die zu Beginn täglich zu uns nach Hause kam, jede unserer Fragen (und am Anfang waren es tausende) beantwortete und uns Stück für Stück das Gehen wieder erlernen liess. Auch in den langen schlafarmen Nächten war es tröstlich, zu wissen, dass wir nicht die Einzigen sind, sondern dass manchmal eine Whatsapp-Nachricht auch um 4 Uhr morgens von einer anderen Mutter beantwortet wird, die auch gerade wach ist.

Nach mehr als sieben Monaten mit unserer Tochter können wir sagen: Zum Glück haben wir auch in der Stadt ein Dorf um uns herum. Es bildet über Distanz eine Gemeinschaft, die unterstützt. Für all unsere Dorfbewohnerinnen und Dorfbewohner sind wir jetzt und sicher auch in Zukunft sehr dankbar.

Text: Anna Newec