Eine zeitgemässe Grundlage

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Eine zeitgemässe Grundlage

Die Revision der Kirchenordnung liegt zur Abstimmung bereit. Felix Caduff, Präsident der Synode und Teil der Geschäftsleitung, hat mitdiskutiert und daran mitgearbeitet.

forum: Woran werden Kirchenmitglieder im Alltag merken, dass eine neue Kirchenordnung in Kraft ist?

Felix Caduff: Unmittelbar wird ein Kirchenmitglied das vielleicht nicht bemerken. Vielleicht allerdings doch, wenn ein Pfarrer gewählt wird oder die Gemeindeleiterin, dazu wird es neu eine einheitliche Regelung geben, die mit der Einsetzung einer Pfarrwahlkommission demokratisch breiter abgestützt ist. Oder durch die professionelle Öffentlichkeitsarbeit, die hoffentlich weiterhin viele mit den wichtigen Themen unserer Kirche erreicht.

Warum ist eine Revision der Kirchenordnung nötig?

Im Jahr 2018 hat der Kanton Zürich sein Kirchengesetz geändert. Das wirkt sich auf die Kirchenordnung aus, zum Beispiel im Bereich Datenschutz. Und das setzen wir um. Die letzte Teilrevision unserer Kirchenordnung fand bereits 2009 statt und seither sind zusätzlich einige Anpassungen nötig geworden. Schliesslich gab es Punkte, die dem Synodalrat und der Synode inhaltlich wichtig waren, neu zu präzisieren und zu betonen.

Welche sind das?

Neu ist der Artikel 4 ausformuliert und konkret mit Inhalt gefüllt. Bislang hiess es nur: «Die Körperschaft schafft auf ihrem Gebiet Voraussetzungen für die Entfaltung des kirchlichen Lebens.» Was aber heisst das? Nun wird klar, dass gesellschaftspolitisches Engagement für sozialethische Themen zu den Aufgaben gehört, genauso wie das Eintreten für eine Kirche als generationenübergreifende Gemeinschaft und für die Gleichberechtigung der Geschlechter, unabhängig von Zivilstand und Lebensform.

Gleichberechtigung der Geschlechter – was kann die Körperschaft hier tun?

Konkret können neu Seelsorgerinnen und Seelsorger mit Missio canonica das Seelsorgekapitel im Synodalrat vertreten, nicht ausschliesslich Priester, wie bislang üblich. Das ist ein wichtiger symbolischer Schritt, der hier in der neuen Kirchenordnung in Artikel 37 festgehalten wird.

Welche Schritte sind dazu darüber hinaus vorstellbar?

Meine Amtszeit läuft mit dieser Legislatur Ende Juni aus. Mir persönlich war es immer wichtig, mich dezidiert zu äussern, zum Beispiel zugunsten der Möglichkeit, Frauen zur Weihe zuzulassen. Ich hoffe, dass sich die Verantwortlichen der Körperschaft auch weiterhin explizit für notwendige Reformanliegen einsetzen werden, beim Bistum sowie bei der Bischofskonferenz bis hin zum Papst. 

Gibt es Neuerungen, die Sie über die aktuellen Anpassungen hinaus gerne in der Kirchenordnung festgehalten hätten?

Gerade im Bereich der Gleichberechtigung hätte ich mir persönlich gewünscht, dass wir uns explizit für die Frauenordination ausgesprochen hätten. Aber ich habe gesehen, dass das nicht mehrheitsfähig war, und habe mich mit dem Kompromiss im Sinne des politischen Prozesses zufrieden gegeben.

Welche der erreichten Neuerungen scheinen Ihnen wegweisend zu sein?

Sicherlich das Bekenntnis zum gesellschafts--politischen Engagement der Kirche für sozial-ethische Themen. Erinnern Sie sich nur an die Diskussionen damals anlässlich der Konzernverantwortungsinitiative: Ob sich Vertreterinnen und Vertreter der Kirche in diesen Fragen äussern dürfen, wurde immer wieder diskutiert. Jetzt ist klar: Ja, sie dürfen. Nicht im Sinne von Tagespolitik, aber dann, wenn die Themen die Wertehaltungen und auch die Rahmenbedingungen der Kirche betreffen.

Wie lange waren der Synodalrat, die Geschäftsleitung der Synode sowie die Synode selbst mit der Erarbeitung der Revision beschäftigt?

Dieser Prozess hat schlussendlich mehrere Jahre gedauert.

Wie haben Sie diesen Prozess erlebt?

Sehr intensiv. Es hat doch recht lange gedauert und wir mussten uns in viele Details hineindenken. Das war vor allem im juristischen Bereich ziemlich anspruchsvoll. Allein schon die juristische Sprache zu verstehen, hat etwas Zeit gebraucht. Ich bin vor allem unseren Spezialistinnen und Spezialisten dankbar, auch innerhalb der Geschäftsleitung, die dazu das nötige Fachwissen einbrachten.

Wie viel hat dieser Prozess der Katholischen Kirche im Kanton Zürich gekostet?

Für die Geschäftsleitung der Synode kann ich sagen, dass das entsprechende Wissen in unseren eigenen Reihen vorhanden war, wir konnten den Aufwand also im Rahmen unserer Sitzungen bearbeiten und für diese das übliche Sitzungsgeld beziehen. Eine Summe kann ich im Moment nicht nennen, ich nehme an, dass der Synodalrat diese im Anschluss an die Volksabstimmung vorlegen wird.

Warum werden Sie ein «Ja» zur neuen Kirchenordnung in die Urne legen?

Rahmenbedingungen ändern sich immer wieder. Auch wir als Kirche müssen uns entsprechend anpassen und unsere Spielräume gestalten. Dass das für die Kirche im Kanton Zürich möglich wird, dafür haben wir jetzt eine zeitgemässe Grundlage geschaffen.

Luis Varandas:

«Die Kirchenordnung bietet die Grundlage für die Arbeit der Körperschaft der katholischen Kirche im Kanton Zürich. Synodalrat und Synode haben sich lange damit beschäftigt und notwendige oder erwünschte Neuerungen und Anpassungen eingearbeitet. Zusammen mit der KO wurde auch das Pfarrwahlreglement angepasst, neu werden Pfarreibeauftragte zur gleichen Amtsdauer gewählt wie Pfarrer. Die Anpassung im Artikel 37 ist sehr offen formuliert, das überlässt dem Seelsorgekapitel des Kantons Zürich einen grösseren Spielraum in seinem Wahlvorschlag zuhanden der Synode.»

Luis Varandas ist Generalvikar für Zürich und Glarus.

Franziska Driessen-Reding:

«Heute ist die teilrevidierte Kirchenordnung zur Abstimmung bereit. Für uns ist das oberste Ziel: Wir wollen kirchliches Leben ermöglichen! Persönlich freut mich besonders die Neuerung in Artikel 37. Es fällt die Einschränkung weg, dass die Vertretung des Seelsorgekapitels im Synodalrat dem geistlichen Stand angehören muss. So werden wir dem Anspruch, immer mehr Frauen in die Verantwortung zu holen, wenigstens im staatskirchlichen Kontext gerecht. Bleibt zu hoffen, dass auch die pastorale Seite diese längst überfälligen Schritte wagt.»

Franziska Driessen-Reding ist Präsidentin des Synodalrats.

Text: Veronika Jehle