Wir haben uns – wie die meisten Schweizer Katholikinnen und Katholiken – von Peter Henrici erstmals ein Bild gemacht, als er 1993 in Einsiedeln zum Bischof geweiht wurde. Da war er bereits 65 Jahre alt und ein hoch angesehener Professor für Philosophie an der Gregoriana in Rom. Von Anfang an war offensichtlich: Hier handelte es sich nicht einfach um einen Hilfsbischof, wie Weihbischöfe im Französischen genannt werden. Zusammen mit Paul Vollmar, der gleichzeitig mit ihm geweiht wurde, sollte Henrici im Bistum Chur den Diözesanbischof Wolfgang Haas entschärfen. Ein kirchenpolitisch und seelsorgerlich brisantes «Himmelfahrtskommando».
Persönlich kennengelernt haben wir Peter Henrici Ende der 90er-Jahre als Auftraggeber einer journalistischen Arbeit. Er hatte sich damals als Schirmherr stark für eine Wohngemeinschaft für suchtkranke Menschen engagiert. Dieses Projekt sollten wir dokumentieren. Als wir in Leuk ankamen, erwartete Henrici uns persönlich und zeigte dabei zwei Eigenschaften, die wir in Zukunft immer wieder an ihm erleben sollten: Zum einen sein grosses persönliche Engagement, das ganz ohne Trara daherkam. Zum anderen seine nüchterne Klarheit. War er nun ein pragmatischer Idealist oder ein idealistischer Pragmatiker? Auf jeden Fall eine eindrückliche Persönlichkeit, die viel herzlicher war, als viele es wahrnehmen wollten – und viel klüger, als er es die Menschen spüren liess.
Ab 2000 haben wir Peter Henrici in unserer Arbeit immer wieder neu schätzen gelernt. Er las das forum genau und hatte seine Standpunkte. Aber vor allem hatte er ein feines Gespür dafür, aus dem Pfarrblatt kein bischöfliches Sprachrohr machen zu wollen. Er wusste genau, dass eine eigenständige Redaktion letztlich für ihn und für die Kirche hilfreicher sein würde als langweilige Hofberichterstattung. Wenn er sich – was sehr selten geschah – mit einer konkreten Bitte an die Redaktion wandte, dann konnten wir von wirklicher Dringlichkeit ausgehen.
Als Peter Henrici 2003 sein Amt als Generalvikar aufgab, begleiteten ihn der damalige Chefredaktor Georg Rimann ein paar Tage in Rom. Von dort war Henrici zehn Jahre zuvor eher widerwillig in die Schweiz abberufen worden. Einmal mehr zeigte sich, wie sehr der intellektuelle Jesuit doch auch ein Menschenmensch war. Damals entstanden die persönlichsten Bilder von ihm, die wir je in unserem Heft publiziert haben.
Nach seinem Rücktritt als Generalvikar wurden die Treffen mit Henrici seltener. Sie waren aber nach wie vor geprägt von derselben Herzlichkeit und derselben Wachheit. Und auf eines konnten wir uns bei ihm bis ins hohe Alter verlassen: Dass er uns mit einer unvermutet hingeworfenen Provokation erfreuen würde. Begleitet von diesem für ihn so typischen kurzen, trockenen Lacher.