Ewelinas Tagebuch vom Weltjugendtag

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Ewelinas Tagebuch vom Weltjugendtag

Ewelina Bajor nimmt erstmals an einem Katholischen Weltjugendtag teil. Sie berichtet für uns täglich von Erlebnissen und Begegnungen, die sie beeindruckt haben. 

6. August

Pünktlich zum Sonnenaufgang gegen halb sieben wurden wir nach einer kurzen Nacht mit Musik geweckt: zunächst von bekannten Lobpreisliedern, die dann aber von Techno-Klängen abgelöst wurden. Die Nähe zum Ozean machte den Sonnenaufgang und den gemeinsamen Start in diesen Tag zu einem sehr eindrücklichen Erlebnis. Ein paar Stunden später fing schon der Gottesdienst an.
Papst Franziskus sprach besonders über den Mut. So liess er uns die Worte «fürchtet euch nicht» gleich mehrmals wiederholen. Ich schätzte es sehr, wie er mit direkten Ratschlägen die Sorgen und Bedürfnisse der Jugendlichen thematisierte und in direkter Weise ohne abzulesen sprach und damit den Eindruck verstärkte, wahrhaft in einem Dialog zu stehen.
Bereits vor dem Abschluss-Segen machten sich bereits viele Pilgerinnen und Pilger auf den Weg, auch aus unserer Gruppe. Doch das Warten lohnte sich, denn so bekamen wir mit, wie Seoul als nächster Veranstalter des internationalen Weltjugendtag bekanntgemacht wurde.
Als wir später beim Abendessen mit einem Schweizer Priester darüber sprachen sagte dieser, dass die Laien in Südkorea und im asiatischen Raum extrem aktiv seien und dass er mit sehr vielen Teilnehmerinnen und Teilnehmern rechne - drei Millionen oder mehr.
Jetzt, da dieser Weltjugendtag zu Ende geht, bin ich immer noch überrascht, wie die Organisation von solch einem Grossanlasses so gut gehen kann, wie viele Freiwillige sich unter nicht sehr einfachen Bedingungen engagieren und was es für eine Kraft freisetzt, wenn so viele Menschen aus verschiedenen Kulturen zusammenkommen, um eine Gemeinschaft zu sein.

5. August
5. August

Schon am frühen Morgen machten wir uns mit Rucksack und Schlafmatten bereit, auf das grosse Feld im Tejo-Park zu gehen, auf dem das Highlight des Weltjugendtags stattfand: die Vigilfeier und der Abschlussgottesdienst mit Papst Franziskus.
Gegen Ende wurde es so dicht, dass wir insgesamt mehr als 4 Stunden brauchten, dafür aber mit einer genialen Platzierung Im ersten Sektor (Sektor A) belohnt wurden. Das beste war die Nähe zum Ozean, der direkt links von uns war. Während wir auf den Beginn der Feier warteten, traten Bands auf und weckten so gleich ein Festival-Gefühl.
Die Vigilfeier startete mit einer Tanzaufführung, anschliessend folgte eine Dronenshow, die passende Sprüche zum Motto des Weltjugendtags in den Himmel zeichnete. So zum Beispiel die Worte «steh auf» in mehreren Sprachen, die immer höher in den Himmel flogen.
Nach der Ansprache des Papstes, die uns zu diesem Wiederaufstehen ermutigte, endeten die Vigilfeier mit einer kurzen Anbetungszeit, bei der die anderthalb Millionen Menschen für einige Momente ganz still wurden. Diese Stille beeindruckte mich sehr. Im Trubel der Stadt und in der Menge sind die vielen Lieder, die immer gesungen werden und die Gespräche garnicht wegzudenken. Doch genau diese Erfahrungen machte nochmal umso deutlicher, dass nicht nur das Lautsein und der Jubel im Vordergrund stehen, sondern auch Gott, der uns alle zusammengebracht hat.

4. August
4. August

Der vierte Tag des Weltjugendtags stand im Zeichen der Versöhnung. Das Hauptprogramm am Nachmittag bestand aus dem Kreuzweg mit Papst Franziskus und den vielen Jugendlichen, die diesen gestaltet haben. Beim Kreuzweg gedenkt man den 14 Leidensstationen der Passion Jesu.

In perfekter Lage, mitten im Feld, sahen wir gut auf die Bühne, die eine Besonderheit hatte: sie war vertikal begehbar wie ein Turm und sollte den Jugendlichen später als Ort für die Darstellung des Kreuzwegs dienen.

Erstaunlich war für mich, dass diese Stationen von Beispielen aus unserem aktuellen Leben, wie zum Beispiel das Leiden der vielen Menschen, die unter der Ungerechtigkeit leiden sowie auch eine Theaterperformance und Zeugnisse junger Menschen bei den verschiedenen Stationen ergänzt wurden. Begleitet wurde dies von passenden Taizé- Liedern. Je nach Station wanderte das Kreuz immer weiter nach oben, bis es am Ende ganz oben auf der ca. 15 Meter hohen Bühne stand.

Diese Darstellung machte es für mich sehr greifbar, sodass trotz der feierlichen Stimmung, die vor und nach diesem Kreuzweg in Konzerten spürbar war ein gewisses Bewusstsein für den vielen Handlungsbedarf der Probleme dieser Welt geblieben ist.
Trotz der nicht ganz leicht zu nehmenden Themen wie Gewalt, Sucht und der Klimakrise, die von den Jugendlichen aus aller Welt als Schwäche identifiziert und eingebracht wurden, herrschte am Ende aber dennoch wieder eine hoffnungsvolle Stimmung, die im Lobpreisgesängen und weiteren Konzerten ihren Ausdruck fand.

3. August
3. August

Der heutige Tag war vor allem geprägt von der Begrüssungsfeier mit Papst Franziskus, die am späteren Nachmittag in einem im Stadtzentrum gelegenen Park stattfand. Im Gespräch mit einem ehemaligen Schweizer Gardisten, der den Papst bereits in vielen Kontexten erleben durfte, konnte ich ein paar interessante Eindrücke austauschen. So erstaunte es mich zu hören, dass er die Botschaft des Papstes als eher «einfach» betrachtete und zu Beginn etwas Mühe damit hatte. Allerdings sei gerade diese Einfachheit das, was die Jugend gerade braucht. In einer Welt, die immer komplexer er und in der wir uns selbst oftmals zu Aussenseitern machen, seien einfache Worte wie: «Christus liebt dich» oder «alle gehören dazu und zwar so wie wir sind» essenziell zu hören. Sehr auffällig sei für ihn auch die Stimmung im Vergleich zu den Papstbegegnungen in Rom gewesen. Er habe noch nie so viel Euphorie erlebt, wie hier auf dem Weltjugendtag. Menschen, die dem Auto schreiend hinterherrennen und singen, dass sie die Jugend des Papstes sind. Wie er den Papst einschätzt, sei dies aber gar nicht sein Ziel; er möchte nicht als Popstar gefeiert werden und zeichne sich gerade auch durch seine unkomplizierte Art aus, in der für ihn stets Christus im Mittelpunkt stehe.

Angenehm in Erinnerung bleibt mir persönlich an diesem Tag auch die Begegnungen mit Menschen aus anderen Ländern in der Masse der gefühlt einer halben Million Anwesenden. So wurde mit denjenigen, die französisch oder italienisch verstehen, Radios zum Verfolgen der Predigt geteilt und kleine länderspezifische Weltjugendtags-Souvenirs unter den Pilgerinnen und Pilgern ausgetauscht.

2. August
2. August

Mittendrin – Der Weltjugendtag, Lissabon und warum Eile etwas Positives sein kann.

Wie die anderen Gruppen aus aller Welt starteten wir den Morgen mit den «Rise-up» Katechesen. Diese haben das Ziel, auf grosse Themen aus dem Pontifikat von Papst Franziskus aufmerksam zu machen. Unsere wurden von der deutschsprachigen Bischofskonferenz konzipiert und bestanden heute aus einem kurzen Lobpreis, dem Zeugnis einer Ordensfrau und dem Input von Bischof Hermann aus Österreich. Anschliessend feierten wir zusammen Gottesdienst. Das Thema des Weltjugendtags ist «Maria stand auf und machte sich eilig auf den Weg.» Bischof Hermann ermutigte uns, diese «Herzensenergie» in uns zu tragen und nach dem Beispiel Mariens, die furchtlos in das nicht ungefährliche Bergland von Judäa eilte, unsere Mission anzugehen, ohne lange zu grübeln. Auch das Zeugnis der Ordensschwester barg eine wichtige Botschaft: dass man Mut haben und auf seine Sehnsucht vertrauen sollte, dass man das «leise Säuseln» in sich nicht ungeachtet lassen soll.

Am Nachmittag machten wir uns auf den Weg die Stadt zu erkunden und gingen zum «Cidade de Algeria», einem grossen Park im Belém-Viertel mit vielen Ständen verschiedener Orden und Organisationen. Mein persönliches Highlight war ein Open-Air-Konzert der Gemeinschaft der Seligpreisungen, die französische und englische Lobpreislieder gesunden haben. Auch die Stimmung rund um das Belém-Viertel war sehr angenehm- das historische und hell beleuchtete Hieronymitenkloster und die vielen Gruppen, die sich dort mit Proviant von den Streetfood-Ständen in der Nähe versorgten und dort flanierten prägen die Erinnerungen an diesen Abend. Es ist eine Atmosphäre voll Leichtigkeit, in der auf der Heimfahrt im Bus eine kubanische Gruppe im ganzen Bus laut Lieder anstimmt und sich alle dort versammelten Pilgerinnen und Pilger mit ihren Weltjugendtag T-Shirts und Teilnahmebändern als eine Gruppe fühlen.

1. August
1. August

Am Morgen versammelten wir uns alle zum Morgengebet, den Laudes. Sie fanden auf dem Sportplatz der Schule, in der wir übernachteten, statt. Passend zum 1. August ging es danach zum Schweizertreffen an dem sich die rund 1000 Pilgerinnen und Pilger aus der gesamten Schweiz treffen sollten. Viele brachten eine Schweizer Fahne mit und zogen damit in freudiger Stimmung durch die Stadt.

Auch das Schweizertreffen erfolgte auf einem Sportplatz. Es gab Lobpreis, drei Zeugnisse und einen Impuls von Bischof Peter Bürcher. Auch die vielen Sprachen fanden ihren Raum, was die Mehrsprachigkeit der Schweiz dank der dreisprachigen Moderatoren einmal mehr betonte. 

Nach dem Treffen organisierten wir uns in spontan geformte Kleingruppen und erkundeten auf eigene Faust die Stadt. Mit unserem «Pilgerpass» haben wir dank zahlreicher Kooperation die Möglichkeit, in diversen Restaurants gratis Menüs zu beziehen. Der grosse Andrang in der Innenstadt führte uns jedoch doch auf ein klassisches portugiesisches Restaurant zurück.

Beim Spazieren in der Stadt fiel auf, wie sich viele Gruppen vor der Hl. Antonius-Kirche trafen. Auch wir nutzen diese Gelegenheit und besuchten die Geburtsstätte des berühmten Heiligen. An Aktivitäten und Entdeckungsmöglichkeiten mangelte es uns sicher nicht. Ein paar Gehminuten entfernt, nahe dem Hafen, vernahm man bereits das Konzert, das zum Mittanzen einlud. 

Ein weiteres Highlight war sicherlich auch der Aufbruch zum offiziellen Eröffnungsgottesdienst. Kurz vor der Ankunft beim Park kamen immer mehr Pilgerinnen und Pilger, begleitet von Trommelmusik und Fahnen aus aller Welt zusammen, um gemeinsam mit Kardinal Manuel Clemente, Tausenden von Teilnehmerinnen und Teilnehmern sowie den vielen Freiwilligen einen feierlichen Gottesdienst unter freiem Himmel zu feiern.

31. Juli - Ankunft in Lissabon
31. Juli - Ankunft in Lissabon

Die Gruppe aus der Schweiz mit der ich unterwegs bin, ist bereits angekommen, sodass ich die anderen direkt bei der Kirche «Igreja de Nossa Senhora de Fátima» getroffen habe. Um die 400 Pilgerinnen und Pilger aus den deutschsprachigen Kantonen waren dort versammelt. Nach dem Gottesdienst, der von dem Geistlichen Begleiter des Weltjugendtags P. Maximilian Blum und weiteren Kozelebranten gefeiert wurde und einem freudigen Wiedersehen bekannter Gesichter ging es dann zur Unterkunft. Drei verschiedene Schulturnhallen dienen der ganzen Gruppe als Schlafraum.

Morgen startet das Programm in Lissabon. Nach einem gemeinsamen Morgengebet werden wir auf zum Schweizer Treffen aufbrechen, an dem sich alle Jugendlichen, junge Erwachsene, Priester und Ordensleute versammeln! Anschliessend dürfen wir uns das Programm frei wählen, bevor wir uns am Abend alle wieder zusammen zum Gebet versammeln. Ich freue mich auf diesen Tag, auf die Stimmung, die Entdeckungen und neuen Begegnungen, die entstehen werden.

Text: Ewelina Bajor, freie Mitarbeiterin