Wurde nicht im Juli dieses Jahres in den Nachrichten verkündet, dass die Hitzewelle 2023 einige Hundert Hitzetote im Alter über 80 Jahren gefordert habe?
Meine Frau ist 86 Jahre alt, ich selber 87. Erschreckt uns die Nachricht von den Hitzetoten? Nein, sie tut es nicht. Wir beide dürfen, so wie viele unserer Artgenossen, auf ein sehr vielfältiges, interessantes Leben zurückblicken. Unser Alter übersteigt dasjenige der allermeisten Menschen auf unserer Erde. Uns beiden geht es gesundheitlich vergleichsweise sehr gut. Doch auch wir spüren, wie zunehmend rasch der körperliche Abbau voranschreitet.
Die Ursache für den Tod alter Menschen bei grosser Hitze ist meist im Kreislaufversagen zu suchen. Kreislaufversagen als Todesursache – wie empfinden dies die Sterbenden? Wir können es nicht wirklich wissen. Nur der Sterbende selbst könnte darüber schlüssig Auskunft geben. Aber aufgrund medizinischer Beobachtungen können wir annehmen, dass der Tod durch Kreislaufversagen zu den sanfteren Sterbevorgängen zu zählen ist.
Warum also sollen wir Alten uns sorgen, die Sommerhitze könnte unserem Leben ein Ende setzen? Echte Sorge treibt meine Frau und mich um beim Gedanken, so alt zu werden, dass wir vollständig auf Pflege angewiesen sein könnten. Dass wir selbst unsere Körperfunktionen nicht mehr steuern, nicht einmal mehr für minimale Hygiene selbst sorgen können.
Wir sind sehr dankbar, dass in der Schweiz die Altersvorsorge auf einem ausserordentlich hohen Stand ist. Dass wir im Bedarfsfall auf liebevolles, aufopferndes Pflegepersonal zählen dürfen. Aber das Bestreben, uns Alte unter allen Umständen vor jeglicher Gefahr, die allenfalls unserem Leben ein Ende setzen könnte, zu bewahren, ist Unsinn. Ein Hitzetod am Ende eines sehr langen Lebens – 87 Jahre sind sehr lang! – ist doch viel humaner als ein Dahinvegetieren, bis der Körper vollständig zerfallen ist.
«Leben in Beziehung» – so das Motto dieser Kolumne. Gibt es eine fundamentalere Beziehung als diejenige des Menschen zu seinem Tod?