Gerade jetzt: Dialog!

Editorial

Gerade jetzt: Dialog!

In der Schweiz ist der Dialog der Religionen gut etabliert und trägt zur Verständigung bei. Während dessen bricht der Nahost-Konflikt mit voller Wucht auf.

Es trifft sich gut, dass dass unsere interreligiöse Zeitung «zVisite» diesmal dem Dialog der Religionen gewidmet ist.  

In der Schweiz ist der Dialog gut etabliert und sucht nach Zukunftsperspektiven – wie die Beiträge im «zVisite» eindrücklich zeigen. Und dann ist gerade jetzt der Nahost-Konflikt aufgebrochen. Mit einer Dramatik und Brutalität, die mich schlicht sprachlos machen. Eines ist klar: Wer an Hoffnung festhalten will, wird den Dialog der Religionen grossschreiben, vielleicht noch grösser als bisher. Dialog bleibt der Weg, und zwar der einzige.


Das Schicksal wollte es, dass ich am 7. Oktober in Jerusalem war, an jenem Samstag also, als die Hamas vom Gazastreifen aus Israel attackierte. Eigentlich hätten es Ferien sein sollen. Sirenen, Alarm und Detonationen von Raketen in einiger Entfernung setzten allem ein jähes Ende. Drei Tage später konnte ich mit einem Linienflug das Land verlassen. Noch nie empfand ich so eine Dankbarkeit, als unter dem Flugzeug die Berge auftauchten und dann dieses grüne, friedliche, freundliche Land: die Schweiz.

Gleichzeitig trieb mir mein Gefühl der Dankbarkeit Tränen in die Augen, und zwar Tränen der Verzweiflung, der Zerrissenheit, der schieren Überforderung: Wie konnte ich dankbar sein, wie mich glücklich schätzen, wie meiner Schutzengel gedenken – wenn gleichzeitig Kinder, Frauen, Männer zurückgeblieben waren, schutzlos, verschleppt, bedroht, in Angst? Ich hatte die Detonationen in der Ferne gehört. Sie waren mitten drin.

Es gibt keine Antwort. Doch die Antwort lautet: Menschenfreundlichkeit, im Dialog mit anderen.

Text: Veronika Jehle