Hier wird sauber getrennt!

Leben in Beziehung

Hier wird sauber getrennt!

Mit Teenagern im Haushalt gibt es bei uns öfters Knatsch wegen ziemlich verschiedener Wertvorstellungen.

Zum Beispiel: In MEINEM Haushalt wird sauber getrennt in Bio, Plastik, Karton, Papier, PET etc. Ich nehme auch immer Posti-Säcke mit zum Einkaufen. Leider habe ich die Rechnung nicht mit meinen jugendlichen Mitbewohnerinnen gemacht – ich kenne die Klimajugend nur aus dem TV. Zumindest die Bio- und Plastikmüll-Trennung, die in meiner Gemeinde möglich ist, wird gekonnt umgangen, und ich sehe rot: ein Joghurt-Becher und eine Bananenschale im normalen Müll gibt Anlass zu harten und von meiner Seite enttäuschten Wortgefechten beim Znacht. Und ich sehe es, auch ohne Ausspruch, im Gesicht stehen: was soll diese sch… Mülltrennung? Und irgendwie wird es nicht besser: ich als Polizistin am Müll finde immer wieder Regelverstösse, aber ein geeigneter Bussenkatalog fehlt mir. Und ich frage mich: Warum fehlt hier die – wie ich finde – richtige Haltung?

Tja, etwas unterschiedliche Gesinnung zeigte sich auch, als die Wahlunterlagen eintrudelten. Lange schlichen die Wahlberechtigten unserer Familie um die Unterlagen, dann öffneten wir sie eines Abends gemeinsam, um wieder mit Hilfe von Wahlprogrammen, Erklärvideos oder sonstigen Eindrücken und Überzeugung zu einem Wahlentscheid zu kommen. Wir debattieren die grossen Themen: Flüchtlinge, Wirtschaft, Armut, Chancengleichheit – eher kontrovers. Vor allem die Flüchtlingssituation – schwierig. Bis meine Schwägerin an einem Sonntag-Nachmittag-Kaffee-Klatsch der versammelten Jugend beiläufig mitteilt, als das Thema wieder aufkommt: «Meine Mutter ist mit uns aus politischen Gründen aus dem Osten Deutschlands in den Westen gegangen. Ich würde jederzeit wieder mit euch irgendwohin gehen, wenn ihr nicht in Sicherheit wärt, keine Bildung bekommen würdet oder hungern müsstet.» Jetzt bloss nicht triumphierend zustimmen, sage ich mir und sehe, wie es arbeitet in den Köpfen der Jungmannschaft.

Und insgeheim hoffe ich, dass meine Kinder eines Tages auch meine Überzeugung zum Mülltrennen teilen. Zu Klimaaktivisten oder gar Klimaklebern werden sie wohl nicht mehr – so viel Vorstellungskraft habe ich nicht. Muss ja auch nicht sein. Ich mache sowieso – weil ich ein grosser Angsthase bin – um jede Demo, egal welchen Anliegens, einen grossen Bogen.

Text: Kerstin Lenz