Alles ist verhandelbar

Editorial

Alles ist verhandelbar

Das Wort «Papsttreue» gehört eingemottet.

Weshalb ich davon überzeugt bin, das zeigt sich in diesen Tagen am Beispiel «Segen für gleichgeschlechtliche Paare». 
Da fasst sich Papst Franziskus endlich ein Herz und öffnet die theoretisch so offenen Arme der Katholischen Kirche tatsächlich ein wenig … und schon laufen konservative Kirchenkreise Sturm. Und das wohlgemerkt gegen ein Dokument, das schon von weitem nach Kompromiss riecht.

Ausgerechnet jene Kreise, die mir gerne fehlende Papsttreue vorwerfen, halten offenbar gar nichts von Papsttreue, wenn sie selbst dadurch herausgefordert werden. Dann vergessen sie sogleich ihr frommes Gesäusel von Gehorsam und Demut. 
Der Papst darf selbst bei den Frömmsten nur dann Papst sein, wenn er nach ihrer Pfeife tanzt. Von wegen «Stellvertreter Christi», «Nachfolger des Apostelfürsten» und «Heiliger Vater» – die ganze päpstliche Titelsammlung ist Deko.

So bedauerlich ich es finde, dass Papst Franziskus nun zurückkrebst und den «Segen für gleichgeschlechtliche Paare» faktisch wieder zurücknimmt, so steckt darin für mich doch ein leichter Schimmer von Hoffnung. Offenbar glaubt in dieser Kirche wirklich gar niemand mehr an eine stramm hierarchische Organisation. Selbst das Killerargument hat sich erledigt, dass nämlich durch den Papst der Heilige Geist und damit Gott persönlich spricht. Das ist gut so, denn somit sind wir uns ja einig, dass wir getrost alles hinterfragen und alles verändern können. Was davon umgesetzt wird oder nicht, das hängt von Macht und Einfluss ab. Und zwar von Menschen gemacht und nicht von Gott gegeben.

Text: Thomas Binotto