Wie die Ökumenische Kampagne entsteht

Ökumenische Kampagne 2024

Wie die Ökumenische Kampagne entsteht

Wer steckt eigentlich hinter der Ökumenischen Kampagne? Das forum hat die Entstehung verfolgt und war am Kampagnenatelier im Mai 2023 dabei.

Andrea Gisler und Simon Weber stehen vorne und präsentieren «den Handabdruck», eine jener Ideen, die für die Kampagne 2024 wichtig werden sollen. Diese einfache Szene ist ganz typisch für die Ökumenische Kampagne: Sie arbeitet beim römisch-katholischen Hilfswerk Fastenaktion, er beim evangelisch-reformierten Hilfswerk HEKS, gemeinsam verantworten die beiden den Fachbereich Theologie und Sensibilisierung. Betrachtet man die gesamte Ökumenische Kampagne, wird es noch vielfältiger: reformiert, römisch-katholisch, christkatholisch, deutsch, französisch, italienisch, schweizweit und international vernetzt. Das gemeinsame Ziel für 2024 ist es, in der Fastenzeit in der ganzen Schweiz Menschen zum Handeln zu motivieren, denn: Die Zeit drängt, der Klimawandel verschärft sich, besonders betroffen sind die Menschen im globalen Süden. 

Ermutigung ist die Botschaft 

«Wir hier in der Schweiz können etwas tun!» Andrea Gisler sagt es deutlich. Ihr Kernanliegen sei es nämlich, Möglichkeiten zum Handeln aufzuzeigen, und nicht, die Resignation zu verstärken. Darum auch «der Handabdruck». Die Idee ist eine Weiterentwicklung des «ökologischen Fussabdrucks», allerdings eine, die ins Positive gewendet wird. Andrea Gisler verdeutlicht den Unterschied: «Wenn ich selbst mit dem Fahrrad fahre, statt das Auto zu nehmen, dann verkleinere ich meinen ökologischen Fussabdruck.» Beim Handabdruck gehe es nun darum, diesen zu vergrössern: «Wer sich zum Beispiel dafür einsetzt, dass ein Fahrradständer in der Wohnsiedlung gebaut wird, erleichtert es auch anderen, das Fahrrad zu nehmen.» Simon Weber nimmt ihre Worte auf: «Beim Handabdruck geht es also darum, nicht mehr nur auf meinen Verzicht zu fokussieren – sondern auf die Gemeinschaft und unsere Möglichkeiten.»

Simon Weber und Andrea Gisler sprechen an diesem Tag am Kampagnenatelier zu mehr als 30 Menschen, die sich in Villars-sur-Glâne im Kanton Freiburg eingefunden haben. Sie alle arbeiten bei einem der drei Hilfswerke und werden das, was sie heute hören, in ihre Arbeit, in ihre Sprachregionen und in die jeweilige Umsetzung der Kampagne mitnehmen. Es ist Mai 2023 – am Aschermittwoch, also im Februar 2024, wird diese Kampagne dann an den Start gehen. Heute wird erst einmal präsentiert und diskutiert, mit Kaffee in der Hand und ohne, pausenlos sozusagen. Allen scheint klar zu sein: Es geht nur gemeinsam. 

Verschieden und gemeinsam

Neun Personen sind es, die als Kernteam beständig für die Kampagne arbeiten, weitere 25 sind immer wieder punktuell damit beschäftigt. Wer die Teamsitzungen und Vernetzungsgruppen das Jahr über beobachtet – die meisten davon sind digital – erlebt diskussionsfreudige und konsensfähige Menschen, die einander zuhören können, die sich aber auch widersprechen. Die an ihrem Thema dranbleiben, Gedankenarbeit und Herzblut investieren, um andere zum Handeln zu bewegen. Dabei zieht sich der Prozess über Monate. Und dahinter stehen Organisationen, die bei allem Wunsch nach Gemeinsamkeit auch hierarchisch funktionieren. Die Leitung der Ökumenischen Kampagne haben Elke Fassbender von HEKS und Matthias Dörnenburg von Fastenaktion ebenfalls gemeinsam. Wie werden Entscheidungen getroffen? «Mit grösstmöglicher Partizipation», sagt Matthias Dörnenburg und ergänzt: «Gleichzeitig braucht es zwischendurch eine Kommunikationshierarchie.» Elke Fassbender drückt es so aus: «Der Rahmen wird ‹top-down› gesetzt, die Details und die Umsetzung entscheiden die jeweiligen Fachpersonen miteinander.»

Kultur der Mitgestaltung

Wie erleben die Beteiligten ihre Zusammenarbeit? Nassouh Toutoungi schätzt «die Kultur in den Hilfswerken, dass alle mitgestalten». Auch wenn das christkatholische Hilfswerk «Partner sein» weit weniger Ressourcen einbringen könne als die beiden anderen, fühle er sich «nicht als Juniorpartner, sondern gleichwertig geschätzt». Selina Stadler meint lachend: «Ich hätte nicht gedacht, was dieser Prozess alles beinhaltet.» Für Matthias Dörnenburg ist es «wahnsinnig spannend, dass eine Idee in einem Nebensatz entsteht, die immer grösser und konkreter wird und von der man dann ihre Umsetzung erlebt». So sei es diesmal zum Beispiel bei der Idee des Handabdrucks gewesen. Elke Fassbender ist überzeugt: «Gemeinsam entstehen Dinge, die wirklich gut sind.»

Kurzinterview mit Kampagnengast Inés Péres aus Guatemala

Wie sind Sie mit der Ökumenischen Kampagne in der Schweiz in Kontakt gekommen?
Inés Péres: Ich wurde von Fastenaktion angefragt, von meiner Arbeit zu berichten. Ich arbeite als Koordinatorin des Landesprogramms Guatemala von Fastenaktion und setze mich vor Ort für die Rechte von indigenen Menschen ein und für unser Recht auf Nahrung. Die Ökumenische Kampagne ist für mich zu einem wichtigen Projekt geworden.

Warum?
Ich kann meine Arbeit und mein Engagement mit Menschen in der Schweiz teilen. Ich kann mir Unterstützung holen, wenn ich sie brauche. Die Rechte der indigenen Bevölkerung und das Recht auf Nahrung sind bei uns gros-se Anliegen. Fastenaktion ist dafür ein gutes Netzwerk.

Wie erleben Sie die Besuche in der Schweiz?
Viele Menschen sind relativ offen für einen interkulturellen Austausch. Es entsteht wirklich ein Geben und Nehmen, das für alle Beteiligten und für meinen Einsatz für Gerechtigkeit sehr wertvoll ist.

Text: Veronika Jehle