Wir sind uns einig: Gott ist kein Krämer. Was das mit dem Tod Jesu zu tun hat? Viele Christinnen und Christen glauben, dass Jesus mit seinem Leiden und Sterben bei Gott für die Schuld aller Menschen «bezahlt» und sie so erlöst hat. Weil Jesus sein Leben gab, kann Gott den Menschen vergeben – der Weg in den Himmel ist frei.
Ich kann mit dieser «Sühnopfer-Theologie» nichts anfangen. Sie tröstet mich in den Niederungen des Lebens überhaupt nicht. Im Gegenteil: Die Vorstellung, dass Gott den Tod seines Sohnes billigt oder gar fordert, ist mir unheimlich. Was für ein Gottesbild verbirgt sich dahinter?
Ich protestiere aber auch aus schlichter Mitmenschlichkeit dagegen: Kein Mensch darf zum leider notwendigen Opfer erklärt werden, sonst macht man ihn zum Ding und sich selbst zum Unmensch.
Nichtsdestoweniger glaube ich, dass Jesu Tod bedeutsam ist. Ich kann ihn aber nur von seinem Leben her verstehen. Jesus führte andere Menschen in die Freiheit. Er öffnete ihnen die Augen; er nahm weg, was sie klein machte; er half ihnen, wieder auf die Beine zu kommen und weiterzugehen. Besonders die Armen und Bedrängten richtete er auf, indem er von einem Gott -erzählte, der sie liebte ohne jede Bedingung. Alle seien Gottes Kind und dürften zu ihm «Papi» sagen – ganz unmittelbar, ohne Priester und Opferkult.
Sein Evangelium hatte Sprengkraft. Es bedrohte die gesellschaftliche Ordnung und besonders die Macht der religiösen und politischen Eliten. Darum trachteten sie Jesus nach dem Leben. Er hätte leugnen, widerrufen oder einfach weglaufen können. Dann hätte er überlebt – aber seine Botschaft wäre an Unglaubwürdigkeit gestorben.
Darum blieb Jesus da, treu und gewaltlos, und liess sich das Leben nehmen. Den Menschen zuliebe war er konsequent. Noch sein Sterben zeigt seine Verwurzelung in Gott: Im Garten Gethsemani konnte die Angst ihn nicht überwältigen. Die Scham, nackt und gedemütigt am Kreuz zu hängen, hielt er aus. Seine Liebe galt sogar noch denen, die ihn umbrachten.
Mit seinem Tod stand Jesus für seine Botschaft ein. Dass er von der Verbundenheit mit Gott nicht nur sprach, sondern aus ihr auch die Kraft zu einem freien Leben (und Sterben!) nahm, das machte ihn glaubwürdig. Und darum kann auch ich sagen: Jesus Christus ist für uns gestorben. Genauso wie er vorher auch für uns gelebt hat!
Mit seinem Leben und seinem Tod zeigte er, was schon immer galt: Gott meint es gut mit den Menschen, ohne jede Bedingung. Er ist kein kleinlicher Krämer, sondern sympathisch (griechisch für «mit-leidend»), radikal gewaltlos und hingebungsvoll bis zum Letzten.
Das zu glauben, tröstet mich in schwierigen Zeiten. Und es macht mir Mut zu einem freien Leben voller Hingabe – nach der Weise Jesu Christi.