z. B. Frieda Ambalathattil

Schwerpunkt

z. B. Frieda Ambalathattil

Sie bewegt sich mit Leichtigkeit zwischen Kulturen und religiösen Riten. Weil Glaube, Pfarreigemeinschaft und Familie ihr tiefe Wurzeln geben.

Wetzikon, Sonntagmorgen, Kirche St. Franziskus: um 11 Uhr findet der Gottesdienst statt. Frieda Ambalathattil gestaltet ihn als Lektorin mit. Das ist für sie nach Jahren als Ministrantin nur folgerichtig. Ihre Familie ging mit grösster Selbstverständlichkeit jeden Sonntag in die Kirche, und sobald sie nach der Erstkommunion ministrieren durfte, ging sie sogar richtig gerne mit. So gerne, dass ihr Bruder und sie anfingen, zusätzlich jeden Freitagabend in die Werktagsmesse zu gehen. Da waren nämlich keine Ministranten eingetragen und so konnten sie jedes Mal den Altardienst übernehmen.

Geboren ist Frieda Ambalathattil in Wien. Als ihre Eltern in die Schweiz zogen, um hier eine neue Existenz aufzubauen, lebte sie mit ihrem Bruder zwei Jahre in Indien bei der Grossmutter. Die Erinnerungen an diese Zeit als Kleinkind vermischen sich mit Ferienerinnerungen, denn die Familie verbringt jedes Jahr einige Zeit in ihrer Heimat Kerala in Südindien.


Alles gehört zusammen

«Den Glauben empfinde ich in Indien gleich wie hier in der Schweiz. In Kerala sind viele katholisch, so fühlten wir uns hier in der Pfarrei sofort zuhause. Wir wurden auch sehr gut aufgenommen.» Und da der Glaube für sie das Wichtigste ist, fallen andere – vielleicht grössere – Unterschiede zwischen Indien und der Schweiz  für sie gar nicht ins Gewicht.

Nach dem Gottesdienst gibt es zuhause Mittagessen. Die 27-Jährige ausgebildete Pflegefachfrau wohnt bei ihren Eltern. «In Indien wohnen junge Erwachsene länger bei den Eltern als hier in der Schweiz. Die Familie ist sehr wichtig, und ich fühle mich wohl zu Hause.» Sie arbeitet Vollzeit in allen Schicht-Diensten im Spital Uster und ist froh, wenn sie nicht immer selber kochen muss. Auch ihre Mutter arbeitet in der Pflege, Frieda hat sie jeweils am Zukunftstag der Schule begleitet und so selber Freude an dieser Arbeit gefunden. Auch ihren tiefen Glauben hat sie von der Mama: «Meine Mutter geht wenn möglich jeden Tag in die Kirche. Oft geht sie auch in die Exerzitien mit der indischen Glaubensgemeinschaft.»

Auch Frieda hat in Zürich bereits an Exerzitien für indische Jugendliche teilgenommen. Es hat ihr so gefallen, dass sie sich anschliessend regelmässig mit den Teilnehmenden getroffen hat. «Wir haben immer eine Stunde lang zusammen gebetet, das war sehr schön», erinnert sie sich. Nach Corona hat sich diese Gruppe dann aber zerstreut.

Die sonntägliche Mittagspause ist nicht allzu lang. Um 15.30 Uhr wird Frieda in Egg erwartet. «Dort findet immer am ersten Sonntag im Monat ein Gottesdienst der indischen Community statt», erklärt Frieda. Vorher sind die Kinder zu einer Religionsstunde eingeladen. Frieda Ambalathattil erteilt diesen freiwilligen Unterricht, wobei sie sich mit einer Freundin abwechselt. In ihrer Gruppe sind ungefähr sieben Kinder aus den 5. und 6. Klassen. Sie erklärt ihnen die sieben Sakramente, erzählt Bibel- oder Heiligen-Geschichten. Gesprochen wird ein fröhliches Gemisch zwischen dem in Kerala üblichen Malayalam und Schweizerdeutsch.

Nach der Religionsstunde folgt das Rosenkranz-Gebet, dann die indische Messe im syro-malabarischen Ritus. Ein wenig anders als in ihrer Heimatpfarrei in Wetzikon sei das schon, erklärt Frieda: «Andere Gebete, Gesänge und Kleider.» Das in diesem Gottesdienst verwendete Malayalam spricht sie fliessend, aber die dazugehörigen syrischen Schriftzeichen kann sie nur wenig lesen und gar nicht schreiben. «Ich bleibe auch nicht immer in Egg zum Gottesdienst, da ich oft schon am Morgen in St. Franziskus war.» Dort ist sie nicht nur Lektorin. Sie engagiert sich auch im Kinderhütedienst während der Gottesdienste.


Freizeit für das Pfarreileben

Solche Einsätze kann die junge Pflegefachfrau natürlich nur leisten, wenn sie am Sonntag nicht arbeiten muss. Auch die freien Abende verbringt sie häufig in der Pfarrei. Vier- bis fünfmal im Jahr trifft sich der Pfarreirat. Als dort das jüngste Mitglied wegzog, wurde Frieda angefragt. «Warum nicht?», dachte sie sich und sagte zu. «Die Pfarrei ist eine grosse Familie, ich helfe gerne mit.»

Auch wenn sie eher zurückhaltend ist und nie als Erste das Wort ergreift, fühlt sie sich wohl in diesem Gremium und hat inzwischen sogar die Co-Leitung übernommen. «Im Oktober feiert unsere Pfarrei ihr 100-Jahr-Jubiläum. Das organisiert ein Extrateam, aber wir vom Pfarreirat haben auch Ideen beigesteuert», sagt sie. Toll findet sie auch das jährlich stattfindende Forum für alle Pfarreiangehörigen, in dem der Pfarreirat Ideen sammelt, um daraus einen spannenden Tag für alle zu organisieren.

Gibt es auch Schwierigkeiten und Krisen im Leben dieser fröhlichen, engagierten Frau? «Wenn ich schwere Prüfungen oder sonst ein Problem habe, bete ich. Ich habe eine Schachtel mit Bibelversen, da ziehe ich blind einen Zettel. Da steht dann zum Beispiel: ‹Geh, dein Glaube hat dir geholfen.› Oder: ‹Geh in Frieden›. Es passt immer, und es beruhigt mich jedes Mal.» Ihr Wunsch an die Kirche? «Dass mehr Jugendliche in den Glauben hineinwachsen können.»

Natürlich hat sie auch Freundinnen und Freunde, die ihren Glauben nicht teilen. Sie spricht mit ihnen nur dann darüber, wenn sie Fragen stellen. «Zum Beispiel wollen sie wissen, was an Auffahrt oder Pfingsten passiert oder was ich beim Ministrieren mache.» Dann gibt sie offen und unbeschwert Auskunft. Genauso offen und unbeschwert, wie sie sich offenbar zwischen Malayalam und Deutsch, zwischen syro-malabarischen und römisch-katholischen Gottesdiensten, indischem und schweizerischem Freundeskreis, zwischen Pflegeberuf, Pfarreirat und Kinderhütedienst hin- und herbewegt.

Text: Beatrix Ledergerber