Klostermarkt im Bahnhof

Aus der Region

Klostermarkt im Bahnhof

Am 14. und 15. Juni verwandelt sich die Halle im Zürcher Hauptbahnhof in einen Klostermarkt. Den Ordensfrauen und -männern geht es um viel mehr, als um den Verkauf von hauseigenen Produkten.

«Letztes Jahr sagte mir ein älterer Mann, er hätte gemeint, dass es keine Klöster mehr gäbe, dass alle ausgestorben sind!», erzählt  Schwester Benedicta Fürer von der Spirituellen Weggemeinschaft in Rheinau. «Das zeigt, wie wichtig es ist, als Ordensgemeinschaften präsent, sichtbar und ansprechbar zu sein!» Das findet auch Bruder Thomas Fässler von Einsiedeln. Er hatte die Idee, mitten im Zürcher Hauptbahnhof einen Klostermarkt ins Leben zu rufen. Die erste Durchführung vor einem Jahr war ein voller Erfolg. «Ich war sehr angetan, wie schön und friedlich es war, eine wahre Oase», erinnert er sich. «Ganz viele Besuchende sagten, ins Marktgelände einzutreten sei wie das Überschreiten einer Schwelle in eine andere Welt, wo das Leben entschleunigt, achtsam und liebevoll ist. Das zeigt: Wir haben es geschafft, unsere Welt mitten in den Hauptbahnhof zu bringen.»

Und «unsere Welt», die ist ganz vielfältig: Nicht nur etablierte Ordensgemeinschaften wie Benediktiner, Dominikanerinnen oder Franziskaner machen mit, sondern auch die evangelischen Diakonissen von Riehen oder Gemeinschaften wie die Fokolar-Bewegung – insgesamt sind bisher 22 Stände angemeldet. «Ich bekomme täglich Anrufe von katholischen Institutionen, Hilfswerken oder Medien, die auch gerne einen Stand hätten. Aber ich muss ihnen absagen», erklärt Bruder Thomas. «Am Klostermarkt sollen sich nur Gemeinschaften vorstellen, in denen Menschen konkret und verbindlich zusammen leben oder auf einem spirituellen Weg gemeinsam unterwegs sind.» Genau das mache die Faszination aus, ist er überzeugt. Das bestätigt Pater Mathias Müller von der Franziskaner-Gemeinschaft in Zürich. «Ich hätte das nie erwartet, aber wir waren letztes Jahr die zwei Tage am Klostermarkt durchgehend im Gespräch mit Passantinnen und Passanten.» Auch hätten viele die Gebetsangebote oder die Kaffee-Ecke besucht.

«Manche Leute waren überrascht: «Was, es gibt auch evangelische Schwestern?», erzählt Sr. Iris Neu von der Diakonissengemeinschaft Riehen. «Selbst die Sicherheitsleute und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der SBB reagierten äusserst positiv. Viele wollten wissen, was uns bewegt, heute noch verbindlich in einem Orden zu leben.» Als evangelische Gemeinschaft hätten sie auch den Austausch mit den katholischen Orden sehr genossen.

Am Klostermarkt können Besucherinnen und Besucher auch viel Selbstgemachtes kaufen – oder selber aktiv werden. Zum Beispiel Psalmen abschreiben beim Stand der Diakonissinnen. «So wird ein ‹Klostermarkt-Psalter› entstehen», freut sich Sr. Iris. Die Schwestern der Spirituellen Weggemeinschaft greifen an ihrem Stand das Thema «Engel – Schutzengel» auf. «Wir möchten auf-zeigen, was die Bibel und die christliche Tradition dazu sagen, und dass wir alle von Gott einen Begleiter mit auf den Weg bekommen haben», erklärt Sr. Benedicta.

Für den Klostermarkt 2024 ist schon fast alles bereit. «Wir suchen noch Ordensleute, die Musik machen», sagt Bruder Thomas und fragt gleich Pater Mathias an, ob sein Mitbruder nicht die Gitarre mitnehmen könnte.

Text: Beatrix Ledergerber