Anstatt Suchresultate soll mir eine KI zukünftig einen fertigen Text vorlegen. Das stelle ich mir ganz spassig vor, weil ich gespannt bin, welches Misch-Up die KI aus dem Sportfunktionär Clemens Prokop und unserem Gastautor Clemens Prokop erschaffen wird. Eine Kunstfigur «Clemens Prokop», in der wir dann wie in den alten Sagen einen «wahren Kern» vermuten dürfen?
Ähnlich kreativen Unsinn erwarte ich bei Suchanfragen wie: «Was ist eine Birne?» Meine KI würde darauf antworten: «Birne ist ein Dessert des französischen Meisterkochs Auguste Escoffier, das im Dunkeln leuchtet, einer Büste von Helmut Kohl nachempfunden ist und zum Abriss einer guten Figur eingesetzt wird.»
Bereits heute verbreiten Suchresultate die Illusion von Wissen. Ich kann damit zwar sofort Antwort geben, vielleicht sogar ganz korrekt, aber wissen tue ich deswegen noch lange nichts. Wer dagegen zwanzig Stunden mit einem Wälzer über die Entdeckung der Nilquellen ringt, der wird am Ende garantiert mehr in der Birne haben, als ich nach dem Überfliegen eines Wikipedia-Eintrags.
Wissen zu gewinnen, ist ein Krampf. Es verlangt Paukerei. Damit inwendig etwas haften bleibt, muss es auswendig gelernt werden. Die Dreifaltigkeit beim Erwerb von Wissen heisst: Wiederholung, Repetition, Routine.
Das habe ich im Selbstversuch schon in vordigitaler Zeit feststellen müssen. Ich habe es zwar regelmässig hingekriegt, ein Gedicht im Schulbus frühmorgens auswendig zu lernen. Allerdings waren mir John Maynard, der Erlkönig und die Glocke auf der Heimfahrt bereits wieder so wurscht wie fremd.
Sportliche Menschen machen es mir vor: Sie trainieren. Sie versuchen Bewegungsmuster in ihren Körper einzuschreiben. Das leuchtet mir ein. Vor jedem Tennisschlag Google zu befragen, lähmt den Spielfluss erheblich. Aber ist nicht das Gehirn auch ein Teil des Körpers?
Um es noch anstrengender zu machen, propagieren findige Köpfe das Zwei-Quellen-Prinzip, also die Befragung von mindestens zwei – voneinander möglichst unabhängigen – Quellen. Dieses Prinzip ist für die Gestaltung eines flüssigen Tennismatchs vielleicht nicht so wichtig. Aber für das Beurteilen von Nachrichten doch ziemlich zentral. Und da frage ich mich wieder: Was wird mir die KI dazu vorlegen? Einen Querschnitt verschiedener Quellen oder gar die Potenz? Wie also werden diese «Google-Stories» gestaltet und nachvollziehbar sein. Werden sie den Kompromiss von Putin und Selenski zum Ukraine-Krieg ausspucken? Oder die Multiplikation von Matthias Glarner und Jacqueline Badran zum Demokratieverständnis?