Weil nun aber seine Grosseltern im nordfriesischen Nirgendwo allein nicht mehr zurechtkommen, kehrt Ingwer in sein Heimatdorf Brinkebüll zurück.
Hier trifft er auf einen alten Sturkopf, der hinter dem Tresen in der Dorfkneipe ausharrt und eine Grossmutter, die allmählich in der Demenz verloren geht. Das reisst Ingwer allerdings auch nicht aus der Apathie. Und schon gar nicht, dass vom einstigen Dorfleben praktisch nichts mehr da ist: keine Dorfschule mehr, kein Tante Emma-Laden, nichts, wofür und womit es sich leben lässt.
Die Verfilmung von Dörte Hansens Roman «Mittagsstunde» wurde leider in den Schweizer Kinos nicht gezeigt, was wohl hauptsächlich daran liegt, dass über weite Strecken Plattdeutsch gesprochen wird. Gerade diese klare Verortung in Nordfriesland gehört aber zu den grossen Stärken von Buch und Film. Weil sowohl Autorin wie Regisseur ihre Geschichte dort erzählen, wo sie daheim sind, erhält «Mittagsstunde» eine eindringliche Glaubwürdigkeit und Nachvollziehbarkeit.
Herausragend aus dem durchwegs überzeugenden Ensemble spielt Charly Hübner die Hauptrolle. Wie sich ein in sich selbst begrabener Mensch zaghaft und leise wieder zu einer Persönlichkeit entfaltet, das ist das grosse Ereignis dieses Films. Dass für diesen Weg aus der Erstarrung auch die Enthüllung tief vergrabener Geheimnisse sorgt, verleiht «Mittagsstunde» zwar dramaturgische Spannung, steht aber glücklicherweise nicht im Zentrum.